Deutschland siegt 4:0 in Island

Sie trommelten, sangen und schrien unaufhörlich. Auch von den offensichtlichen Widrigkeiten ließen sie sich nicht beirren. Widrigkeiten sind die Menschen in Island schließlich gewohnt. Widrig war für sie auch das WM-Qualifikationsspiel ihrer Fußball-Nationalmannschaft gegen Deutschland. Die Dinge entwickelten sich aus Sicht der Isländer schon früh in die falsche Richtung, am Ende stand für den Außenseiter eine klare 0:4 (0:2)-Niederlage.

Für den neuen Bundestrainer Hansi Flick hingegen ist der Start so verlaufen, wie er sich das erhofft hatte. Neun Punkte hatte er sich für seine ersten drei Länderspiele gewünscht – neun Punkte wurden es, und das sogar ohne jedes Gegentor.

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Nach dem holprigen Beginn der WM-Qualifikation noch unter Flicks Vorgänger Joachim Löw ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auf Kurs. Weil sich der erste Verfolger Armenien gegen Außenseiter Liechtenstein sogar mit einem 1:1 begnügen musste, konnte die Nationalmannschaft ihren Vorsprung an der Tabellenspitze sogar ausbauen. „Wir haben nichts anbrennen lassen, wir waren sehr dominant“, sagte Kapitän Manuel Neuer. „Dementsprechend sind wir zufrieden.“

Nach dem 6:0-Erfolg gegen Armenien nahm Flick nur eine Änderung vor. Der angeschlagene Marco Reus, der die Reise nach Island gar nicht erst angetreten hatte, wurde von Ilkay Gündogan ersetzt. Am System änderte der Bundestrainer nichts. Gündogan übernahm die Position von Reus als Zehner, Jonas Hofmann spielte wieder als extrem offensiv ausgerichteter rechter Außenverteidiger in der Viererkette.

Beim beschwingten Sieg gegen Armenien hatte es nur fünf Minuten bis zur deutschen Führung durch Serge Gnabry gedauert; in Reykjavik ging es sogar noch einen Tick schneller. Und wieder war es Gnabry, der das 1:0 erzielte. Niklas Süle, FC Bayern, spielte einen langen Pass auf Joshua Kimmich, FC Bayern. Der gab weiter nach außen zu Leroy Sané, FC Bayern, auf die linke Seite, und dessen Hereingabe musste Gnabry, FC Bayern, nur noch über die Linie stupsen. Die angebliche Abseitsposition wurde nach Intervention des Videoassistenten revidiert. Der Treffer zählte.

Selbst die Standards funktionieren

Die Isländer sind längst nicht mehr so stark, wie sie bei der EM 2016 waren. Trotzdem hatten sie in der ersten Hälfte zwei gute Gelegenheiten: Bei der ersten scheiterte Isak Bergmann Johannesson an Manuel Neuer, bei der zweiten, nach einem stringent vorgetragenen Konter kurz vor der Pause, brachte Johann Gudmunsson nur ein harmloses Schüsslein zuwege, das den Torhüter der Deutschen vor keine größeren Probleme stellt.

Zu den Dingen, die Hansi Flick bei der Nationalmannschaft verschärft angehen will, zählt das Thema Standardsituationen. Seinem Trainerstab gehört mit Mads Buttgereit sogar ein Spezialist für dieses Ressort an. Und offenbar macht sich dessen Arbeit bezahlt. Gegen Armenien traf Jonas Hofmann nach einer abgewehrten Ecke aus dem Rückraum; gegen die Isländer führte ein Freistoß zum 2:0. Kimmich chippte den Ball gefühlvoll in den Strafraum, Innenverteidiger Antonio Rüdiger vollendete per Kopf.

Der Sieg hätte noch höher ausfallen können

Die deutsche Mannschaft erledigte die Aufgabe mit der nötigen Seriosität; der Elan aber, mit dem sie drei Tage zuvor gegen Armenien aufgetreten war, ging ihr ein wenig ab. Unmittelbar nach der Pause hatte sie sogar Glück, nicht das erste Gegentor der Ära Flick zu kassieren. Johann Gudmunsson traf mit einem feinen Schuss den Pfosten, das folgende Abstaubertor von Albert Gudmunsson zählte wegen einer Abseitsposition zu Recht nicht.

Es schien, als hätte diese Großchance der Isländer den Deutschen noch einmal die Sinne geschärft. In der Folge wirkten sie wieder deutlich straffer. Der eingewechselte Kai Havertz vergab nach einem Konter mit einer Drei-gegen-eins-Überzahl zwar noch auf spektakuläre Weise das Tor zum 3:0, doch Leroy Sané machte es kurz darauf besser. Nach einem Doppelpass mit Leon Goretzka wuchtete er den Ball entschlossen in den Winkel.

Ein Tor, eine Vorlage – der Münchner bestätigte auch in Reykjavik, dass seine Formkurve nach oben zeigt. Das scheint im Moment auch für die deutsche Nationalmannschaft zu gelten, obwohl ihr Sieg angesichts weiterer guter Chancen sogar noch deutlich höher hätte ausfallen können. Doch allein Timo Werner traf kurz vor Schluss noch zum 4:0-Endstand. (Tsp)