Bessere Zeiten hört sich gut an
Es ist jedes Mal eine Geheimwissenschaft, die regelmäßig von Media Control ermittelten Zahlen für den Buchmarkt richtig zu lesen – und zu interpretieren. Ende vergangener Woche versandte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine Pressemitteilung mit der Titelzeile: „Buchmarkt 2021 mit Umsatzplus: Das Buch ist krisenfest“.
Und das Branchenmagazin „Buchreport“, das zur „Spiegel“-Verlagsgruppe gehört und sich als „Fachzeitschrift für den deutschen Buchhandel“ begreift, jubilierte: „Der Buchmarkt hat wieder zugelegt“. Tatsächlich hat wohl der Umsatz des Jahres 2021 um 3,2 Prozent über dem des Vorjahres gelegen, dem Corona-Jahr 2020, und selbst noch knapp ein Prozent über dem des Jahres vor der Pandemie.
In Bahnhofsbuchhandlungen waren die Einbrüche dramatisch
Das klingt gut, scheint sich aber vor allem höheren Preisen für die jeweiligen Bücher zu verdanken und nicht so sehr einem Run auf die während der Pandemie zumindest in einigen Bundesländern trotz der Lockdowns geöffneten Buchhandlungen.
Und so gibt es dann auch hier den Gesamtbuchmarkt und dort die stationären Buchhandlungen, die kleinen, feinen, die größeren, die in großen Kaufhäusern und die in den Bahnhöfen.
Gerade in letzteren sind die Umsatzeinbrüche in den letzten zwei Jahren dramatisch gewesen, und so folgen auf die good news auch bei der Auswertung der Branchenvertretungen die bad news: „Das stationäre Geschäft konnte den Rückstand aus den monatelangen Ladenschließungen im Frühjahr nicht aufholen und schloss mit einem Umsatzminus von 3,1 Prozent gegenüber 2020 und 11,5 Prozent gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 ab“, wie der Börsenverein verkündet.
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Aber auch hier werden die ja nicht so schönen Zahlen gleich nochmal ins Positive gewendet, wird davon gesprochen, dass der Buchhandel „wieder stark aufgeholt“ habe, eben weil Corona die Umsätze der Buchhandlungen eben doch sehr stark hat einbrechen lassen.
Zehs Roman führt die Verkaufsliste an
So ist sich Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs sicher: „Die Menschen haben ein großes Bedürfnis nach guten Geschichten, nach gesicherten Informationen, Rat und Inspiration.“ Und wer hat ihnen, den Menschen, also uns diese Geschichten, diese Informationen am überzeugendsten geliefert?
Das war zum einen Juli Zeh, deren Dorfroman „Über Menschen“ sich 2021 am meisten verkauft hat. Zum anderen in der Sachbuchabteilung Hape Kerkling mit „Pfoten auf den Tisch“. Auch hier fällt die Analyse schwer: Mag das mit Juli Zeh noch angehen, von wegen guter Geschichten und der Mischung aus Anspruch und Unterhaltung.
Kerkelings Katzen-Informationen
Aber Hape Kerkeling? Mit einem laut Verlag „ultimativen Katzenbuch für alle Tierliebhaber“? Na gut, Kerkelings Informationen über Katzen dürften schon irgendwie auch gesicherte sein. Doch scheint er mit diesem Buch eher ein eskapistisches Bedürfnis in Zeiten der Pandemie befriedigt zu haben.
Ansonsten lässt sich hinsichtlich des Buchmarktes nur sagen: Es hätte alles schlimmer kommen können.