Niemand in der Bundesliga ist schneller als Dmitri Kholod

Eigentlich ist beim Wasserball offen, wer den ersten Angriff hat. Der Schiedsrichter lässt den Ball an der Mittellinie vom Beckenrand ins Wasser, ein Spieler jeder Mannschaft krault so fix wie möglich hin. Bei den Partien der Wasserfreunde Spandau 04 ist allerdings meist klar, wer den Ball bekommt: Dmitri Kholod. „Ich kann mich nicht erinnern, dass er bei uns ein Anschwimmen verloren hat“, sagt Präsident Hagen Stamm.

Gute, schnelle Schwimmer sind beim Wasserball eher Regel als Ausnahme. Doch Kholod ist der Schnellste. Besonders trainiert hat er es nie. „Ich habe wohl einfach ein Talent dafür gehabt.“ Jüngst hat er seinen noch ein Jahr laufenden Vertrag um zwei Jahre verlängert. Darüber sind sie bei Spandau 04 sehr froh – nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen Schnelligkeit. „Er hat einen sehr guten Schuss und ist ein hervorragender Konterspieler“, sagt Stamm, „und er ist ein Teamplayer, immer bereit, die Mitspieler mit einem Pass in Szene zu setzen“. Der Präsident nennt den komplett durchtrainierten 1,97-Meter-Mann einen „unserer Gerüstspieler“.

In dieser Bundesligasaison hat der Russe bislang 30 Tore erzielt. Fast ein Drittel der 20 Treffer aus den drei Spielen gegen Waspo Hannover gehen auf sein Konto. Tore gegen Waspo, darauf kommt es für Kholod und Teamkollegen auch in den kommenden Spielen an. Ab Mittwochabend treffen Deutschlands mit Abstand stärkste Mannschaften in der Finalserie bis zu fünf Mal aufeinander.

Die bisherigen drei Spiele in dieser Saison verliefen sehr eng. Spandau hat im Supercup verloren, aber in der Liga zweimal gewonnen und hätte in einem fünften Finalspiel Heimrecht. Der 29-Jährige beschäftigt sich lieber mit dem Anfang, der Begegnung in Hannover: „Das erste Spiel wird sehr wichtig für uns. Da müssen wir gewinnen, um mit einer Führung in die zwei Heimspiele danach zu gehen.“

Im vergangenen Jahr verloren die Wasserfreunde den Auftakt auswärts – eine Woche später war Waspo Meister.

Vertrag verlängert: Dmitri Kholod (li.) und Spandaus Präsident Hagen Stamm.Foto: Wasserfreunde Spandau 04

Zurückschauen ist nicht Kholods Ding. Im Februar beispielsweise spielte er mit Russland ein starkes Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele. Im entscheidenden Spiel gegen Kroatien gab es eine 24:25-Niederlage nach Fünfmeterwerfen. „Das war eine Lotterie. Kaum jemand hätte gedacht, dass wir es so weit schaffen“, sagt Kholod. „Beim nächsten Mal versuchen wir es wieder.“

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In den Finalspielen um die zum 100. Mal ausgetragene deutsche Meisterschaft hält Kholod Kontrahent Waspo für den leichten Favoriten, schätzt aber die Aussichten der Wasserfreunde als nicht schlecht ein. Zwar gab es zuletzt einige Abgänge und nicht alle Spieler sind fit. „Aber wir spielen inzwischen insgesamt stabiler“, sagt Kholod.

Was zunächst wie ein Widerspruch klingt, ist erklärbar: Das Team überzeugt durch Geschlossenheit und auch Kholod ist stabiler geworden. Weil er regelmäßig zum Einsatz kommt. Vorher hatte Spandau drei Akteure aus Nicht-EU-Staaten – Kholod, den Serben Nikola Dedovic und Stefan Pjesivac aus Montenegro. Pro Spiel durften nur zwei eingesetzt werden. Es gab oft Wechsel. Von Pjesivac hat sich der Verein inzwischen getrennt.

Kholod ist seit 2019 in Berlin

Kholod kam 2019 von Dynamo Moskau nach Berlin. Bei Dynamo hatte es aufgrund finanzieller Probleme einen Umbruch gegeben. Spandaus Trainer Petar Kovacevic war ein Grund für den Wechsel. Ebenso die Aussicht, regelmäßig in der Champions League zu spielen. Kovacevic hat seinen Vertrag im vorigen Jahr bis 2024 verlängert und auch künftig werden die Wasserfreunde in der Champions League antreten.

In dieser Saison hatten sie lange auf das Erreichen des Final 8 hoffen dürfen. All das waren Gründe für Kholod, sich schon jetzt zwei Jahre länger an den Verein zu binden.

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Die Coronavirus-Pandemie hat die Sportart in Deutschland lange lahmgelegt. Einige ausländische Spieler baten wegen der schwierigen Situation um vorzeitige Vertragsauflösung. Kholod und seine Familie waren fast ein halbes Jahr in der Heimat, ein Weggang war aber nie angedacht. Der Sohn kommt bald in die Schule, die Tochter in den Kindergarten.

„Es gefällt uns in Berlin sehr gut. Und der Verkehr ist hier nicht so verrückt.“ Kholod hat eben davor lange in Moskau gelebt. Geboren wurde er in Eberswalde. Sein Vater war als Soldat in Potsdam stationiert. Die Familie verließ Deutschland, als Dmitri Kholod ein Jahr alt war.

Er selbst hat mit seiner Frau und den Kindern bereits einen Ausflug nach Potsdam gemacht. Wenn es die Corona-Situation zulässt, wollen seine Eltern zu Besuch kommen. Mit ihnen will Kholod auch nach Potsdam fahren. Aber erst einmal will er mit Spandau Deutscher Meister werden