Das „Höher, Schneller, Weiter“ hat den Sport entmenschlicht
Höher, schneller, weiter. Das olympische Motto ist attraktiv und dem Menschsein inhärent. Das Streben nach Höchstleistung soll grenzenlos sein, es bildet die Grundlage für Dinge, die unvorstellbar scheinen und doch vollbracht werden können. Und dennoch: Den Sport hat das Motto in die falschen Bahnen gelenkt.
Die Rekordjagd, speziell in den olympischen Kernsportarten Leichtathletik und Schwimmen, steht im Fokus. Alles andere, insbesondere die Sportlerinnen und Sportler, dagegen nicht so sehr. Höher, schneller, weiter hat den Sport entmenschlicht, ihn mechanisch werden lassen.
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Darauf hat nun auch der ehemalige Sprint-Weltrekordler Michael Johnson aufmerksam gemacht. Er fordert mehr Wertschätzung für die Athletinnen und Athleten an sich und weniger für die Zahl auf der Anzeigetafel, die bei deren Zieleinläufen aufploppt. Tatsächlich gibt es in der Leichtathletik beeindruckende Figuren, die zumindest hierzulande kaum jemand kennt.
Shelly-Ann Fraser-Pryce etwa hat bereits acht olympische Medaillen gewonnen, davon drei goldene. Zu internationalem Ruhm fehlen ihr offenbar Rekorde, wie sie auf ihren Distanzen Florence Griffith-Joyner seit über 30 Jahren hält. Die US-Amerikanerin wurde nur 38 Jahre alt und bis heute hält sich das Gerücht hartnäckig, dass ihr früher Tod auf ungehemmtes Dopen zurückzuführen ist.
Der Reiz, Übermenschliches zu leisten, ist groß und er kann gewinnbringend sein. Er kann aber auch zerstörerische Kräfte entfalten. Eine Woche vor Beginn der Leichtathletik-WM in Eugene kann der Hinweis eines ehemaligen Weltrekordlers helfen, dass sich nicht immer alles um die Zeiten drehen sollte. Sondern um die Athletinnen und Athleten.