„Ich sehe mich nicht als Influencerin“
Trotz ihrer vielfältigen Social-Media-Aktivitäten und einer großen Fan-Gemeinde sieht sich 400-Meter-Läuferin Alica Schmidt vor allem weiter als Leistungssportlerin. Die 23-Jährige vom SCC Berlin gehört zum deutschen Aufgebot für die anstehenden Leichtathletik-Weltmeisterschaften in den USA.
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Bei der WM in Eugene vom 15. bis 24. Juli dürfte die Dritte der deutschen Meisterschaften in der 4×400-Meter-Staffel zum Einsatz kommen, möglicherweise aber auch schon in der Mixed-Staffel am ersten WM-Tag. „Ich bin mega gespannt auf die Erfahrung. Ich war noch nie bei einer Weltmeisterschaft“, sagte Schmidt in ihrem jüngsten Youtube-Video vom vergangenen Sonntag.
Auf Youtube folgen der Athletin fast 94.000 Menschen, auf Instagram hat sie mehr als drei Millionen Fans. Aber sie sei keine Influencerin, wie sie der Deutschen Presse-Agentur am Rande der deutschen Meisterschaft (DM) Ende Juni in Berlin sagt: „Ich bin Sportlerin und freue mich, dass mich so viele Leute verfolgen“.
Alica Schmidt ist die „heißeste Athletin der Welt“
2017 stellte eine Schlagzeile das Leben der damals 19-Jährigen auf den Kopf. Damals hatte sie die Silbermedaille mit der 4×400 Meter Staffel bei der U20-EM als größten Erfolg im Buche stehen, wollte den Sprung in den U23-Kader schaffen und träumte von den Olympischen Spielen.
Bis dann ein australisches Magazin sie zur „heißesten Athletin der Welt“ kürte – ohne dass sie überhaupt bei einem Wettbewerb teilgenommen hätte, erzählt sie leichtathletik.de. Innerhalb kürzester Zeit stieg ihre Followeranzahl enorm an, jeder ihrer Schritte wurde verfolgt, namhafte Sponsoren nahmen sie unter Vertrag.
Fünf Jahre später startet sie für den SCC Berlin, wohnt mit ihrem Freund gemeinsam in Potsdam und wird von ihrem Manager unterstützt. Neben ihrer Internetpräsenz studiert sie außerdem Medien- und Kommunikationsmanagement – doch der Sport stehe dabei immer an erster Stelle. „Man muss einfach Prioritäten setzen, und bei mir ist es ganz klar der Sport. Alles andere kommt danach, und das baue ich eben da drum rum“.
Über die volle Stadionrunde holte sie bei der DM in 52,42 Sekunden die Bronzemedaille – und war einundzwanzig Hundertstel langsamer als ihre persönliche Bestleistung. Ganz glücklich ist die Sprinterin darüber nicht gewesen: „Als Leistungssportler ist man aber vielleicht auch nie ganz zufrieden“.
Persönliche Bestleistungen Alica Schmidt
Halle | Freiluft |
60 Meter: 7,73 Sekunden, 22.01.2021, Chemnitz | 100 Meter: 12,03 Sekunden (+0,5 m/s), 28.08.2020, Berlin |
200 Meter: 24,19 Sekunden, 08.02.2020, Leipzig | 200 Meter: 28,94 Sekunden (+3,1 m/s), 22.08.2020, Berlin |
400 Meter: 52,80 Sekunden, 27.02.2022, Leipzig | 400 Meter: 52,21 Sekunden, 09.08.2020, Braunschweig |
Schmidt sammelte schon Olympia-Erfahrung – wenn auch nicht auf der Bahn
Nachdem sie möglicherweise bei der WM in den USA im Nationaltrikot starten darf, möchte sie auch gerne bei den ebenfalls im Sommer anstehenden Europameisterschaften dabei sein. „Für mich wäre es das Schönste, ein Teil der Heim-EM in München zu sein und vor einem großen Publikum zu starten“, erklärt Schmidt, die in der Jugend für den MTV Ingolstadt gestartet war und damit in München ein echtes Heimspiel hätte.
Vor etwa einem Jahr dann ging ihr Traum von Olympia in Erfüllung – zumindest dufte die Langsprinterin als Ersatz-Läuferin olympische Luft in Tokio schnuppern, auf der Bahn stand sie aber noch nicht.
„Die Olympischen Spiele sind noch mal komplett was anderes als eine EM oder WM. Für mich war es die aufregendste Zeit, in der ich tolle Erfahrungen sammeln konnte. Ich kenne jetzt die einzelnen Abläufe, die mir bei meinem nächsten internationalen Einsatz helfen können“, sagt Schmidt.
Alica Schmidt gewinnt gegen Mats Hummels, das Duell mit Neymar ist noch offen
52,21 Sekunden brauchte die 1,75m große Leichtathletin für die 400 Meter lange Stadionrunde 2020 in Braunschweig, Bestzeit – und hat sich damit nicht nur in die Spitze der deutschen Langsprinterinnen gekämpft. Auch internationale Stars wie Fußballer Mats Hummels oder der Rapper Marteria müssen sie im direkten Duell ziehen lassen.
Erst kürzlich forderte sie außerdem Fußballstar Neymar zu einem Sprint heraus, der dann aber „einen kleinen Rückzieher gemacht“ habe, wie sie Sport1 berichtet.
Nicht nur auf Instagram und auf der Laufbahn ist die Sportlerin zu sehen. Seit Kurzem ist sie auch dabei, als Model erfolgreich zu werden.
Als erste Leichtathletin überhaupt wird sie nun von Hugo Boss ausgestattet. Dafür lief sie bereits im Herbst auf der Mailänder Fashion Week und ist jetzt eines der Gesichter einer internationalen Kampagne des Modelabels.
Schmidt verbessert das Image des Deutschen Leichtathletik Verbands
Zumindest mit ihrem Onlineauftritt und Millionenpublikum ist Alica Schmidt bereits die Nummer Eins in der deutschen Leichtathletikszene. Malaika Mihambo, Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Weitsprung schafft es dagegen nur auf 147.000 Follower.
Damit zeigt sich Schmidt als Gegenbeispiel zum Vorwurf, dass die deutsche Leichtathletik verstaubt sei. Der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) möchte junge Menschen fortan stärker über digitale Medien erreichen und mit bewegten Bildern erreichen, denn „Menschen interessieren sich für Geschichten von Menschen“, sagt Idriss Gonschinska, DLV-Vorstandsvorsitzender, bei der DM.
Jetzt ist Alica Schmidt gerade auf dem Weg in die USA, in eineinhalb Wochen startet schon die Weltmeisterschaft. Ob ihre Bestzeit fallen und ob es für eine Medaille schon reichen wird, ist noch ungewiss. Sicher ist aber, dass die Sportlerin ihre Fans ausführlich in den sozialen Medien an ihrem Leben als Leistungssportlerin teilhaben lassen wird und wahrscheinlich ihre Followeranzahl weiter in die Höhe treiben kann. (mit dpa)