Kunstauktion am Kulturforum: Gemälde versteigern für Geflüchtete

Die Lieblingsbilder sind schnell gefunden. Etwa ein großformatiges Gemälde von Katrin Brause, das durch seinen subversiven Witz und die farbenfrohe Malerei besticht. Ein Bergmassiv vor stahlblauem Himmel, davor hebt ein traditionell gekleideter Bergsteiger ein schäumendes Bierglas in die Höhe. Über dieses Zerrbild einer Alpenidylle ziehen weißen Flugobjekte in Formation. Gänse? Nein. Tampons.

Für ein Mindestgebot von 600 Euro ist dieses Schmuckstück der Leipziger Meisterschülerin von Neo Rauch zu haben. Bei der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), die am 30. November wieder zur Kunstauktion zu Gunsten von Geflüchteten einlädt. Zuvor sind die 48 zum Verkauf stehenden Gemälde, Plastiken, Collagen und Objekte in der Kirche St. Matthäus am Kulturforum zu sehen. Dort, wo Auktionator Fares Al-Hassan dann nächste Woche auch den Hammer niedersausen lässt.

Für das Mindestgebot von 950 Euro ist eine großformatige Fotografie von Mischa Leinkauf zu haben. Sie entstammt der Serie „Physical Dialectics“ von 2022, für die der Berliner Fotograf im Ruhrgebiet kolossale Industriearchitektur fotografiert hat. Dampfende Kraftwerkskühltürme und ein Windrad verschmelzen zu einer grau-weißen Technik-Elegie, die den Mann, der aus der Luke des Windrads schaut, zur Spielzeugfigur degradiert.

14 ehrenamtlich tätige Kuratorinnen, die auch als Jury fungierten, haben die Arbeiten von Künstlern erbeten. Die Bandbreite reicht von einem monochromen Landschaftsaquarell von Kurt Mühlenhaupt über ein altmeisterlich fotografiertes Tulpen-Stillleben von Ingar Krauss und das Blau schäumende Seestück „Der Geist in den Wassern 2“ von FRANEK bis zur der comichaft verdichteten Familienszene „Kindheit (Sommer)“ der populären Künstlerin Charlie Stein.

30.000 Euro Erlös sind möglich

Schirmherr ist Kunstförderer Peter Raue, der bei der Vorbesichtigung die große Tradition der Auktion lobt und unfreiwillig komisch konstatiert:. „Die Arbeiten sind immer besser geworden.“ Er finde die Initiative wichtig, weil die Kirche damit zeige, dass sie sich um Menschen kümmere, die Hilfe bräuchten, sagt Raue.

Rund 30.000 Euro kommen bei der Kunstauktion durchschnittlich zusammen. Und Hannes Langbein, der EKBO-Kunstbeauftragte und Pfarrer von St. Matthäus, betont, dass die Kirche mit der Auktion auch dem Eindruck entgegenwirken wolle, dass Geflüchtete in der Öffentlichkeit derzeit nur als „Problem“ auftauchten.

Lilla von Puttkamer, die ihr Gemälde „Schmelzender Schneemann“ gestiftet hat, berichtet als Antwort auf die Frage nach ihrer Beteiligung, dass ihre Familie auch eine Migrationsgeschichte habe. „Gerade in Zeiten eines Rechtsrucks ist es wichtig, so eine Auktion zu unterstützen.“ Sie richtet sich diesmal bewusst auch an Kunstbegeisterte mit kleinerem Budget.

Erstmalig lassen sich dieses Jahr nicht nur Kunstwerke ersteigern, sondern auch „Kunsterlebnisse“, die die Organisatoren von den Kulturforums-Anrainern eingeworben haben. Als Gruppe von zehn Personen kann man mit Direktorin Sibylle Hoimann einen Blick hinter die Kulissen des Kunstgewerbemuseums werfen. Oder zu zwölft mit Intendantin Andrea Zietzschmann eine Probe der Berliner Philharmoniker besuchen. Die Mindestgebote für die Gruppen-Aktivitäten liegen bei 500 Euro. Wenn das kein Weihnachtsgeschenk für kulturbewegte Wahlfamilien ist.