Weihnachtsoper: Schmiede dir dein Glück!
Viele praktische Dinge könnte sie von ihm haben, denn Wakula ist Schmied. Doch was fordert seine Angebetete? Ausgerechnet dieselben Schuhe, wie die Zarin sie trägt! Was bleibt dem schockverliebten Handwerker also anderes übrig, als sich den Teufel mit einem Trick gefügig zu machen und auf seinem Rücken nach St. Petersburg zu reiten?
Die Herrscherin findet den Burschen und sein Anliegen herzallerliebst und rückt tatsächlich ihr schönstes Paar Pantöffelchen heraus. Zurück im heimatlichen Dorf, verlangt die kapriziöse Oksana nicht etwa noch eine passende Handtasche zu den Edeltretern, sondern erklärt, sie hätte Wakula auch so genommen.
Festtagsstimmung im Saal
Ob sich das als solide Grundlage für die Ehe der beiden erweisen wird? Die märchenhafte Geschichte jedenfalls, ausgedacht 1832 von Nikolai Gogol, inspirierte den Komponisten Rimski-Korsakow zu seiner Oper „Die Nacht vor Weihnachten“.
Dem 1895 uraufgeführten Opus war kein Erfolg beschieden, erst in jüngerer Vergangenheit gab es Wiederbelebungsversuche, unter anderem vom Dirigenten Michail Jurowski, der allerdings live und auf CD nur Ausschnitte präsentieren konnte. So fällt nun seinem Sohn Vladimir die Pioniertat zu, die komplette Oper zurück ins Licht der Öffentlichkeit geholt zu haben, nämlich – dem christlichen Kalender nach absolut passend – beim traditionellen Konzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters am 23. Dezember in der Philharmonie.
Prächtige Stimmen
Der Saal ist bestens besucht – und schnell in echter Festtagsstimmung: Dankbarkeit liegt in der Luft für diese willkommene Ablenkung von der bedrückenden Weltlage. Anisha Bondy sorgt für eine putzige Personenführung bei dieser halbszenischen Aufführung, Uta Jäger und Saskia Theis haben die folkloristischen Kostüme entworfen.
Prächtige Stimmen sind da zu hören, mit der Eloquenz von russischen Muttersprachlern. Mikhail Vekua hat als Schmied angemessen viel Metall in der Stimme, Sofia Fomina lässt Oksana im Glanz ihres jugendfrischen Soprans erstrahlen. Ksenia Dudnikova versprüht als lustige Witwe Solocha so viel rustikalen Charme, dass ihr die älteren Männer des Dorfes gleich reihenweise verfallen.
Schlank und wendig ist dagegen Alexander Fedorovs Teufel, mehr ein Kobold mit Sexappeal als eine Ausgeburt der Hölle. Das passt zum quecksilbrigen Tonfall von Rimski-Korsakow, der die Groteske musikalisch mit weltmännisch-eleganter Leichtigkeit erzählt, heiter im Tonfall, klangfarbensprühend in der Orchestrierung.
Vollen Körpereinsatz zeigt Vladimir Jurowski bei seinem Werben für die vergessene Partitur, er lässt jedes Detail funkeln, ist den Solist:innen ein sensibler Begleiter, koordiniert souverän die Massenszenen mit dem „George Enescu“-Chor aus Bukarest, reißt das RSB mit in seinem Entdeckerfuror – und erntet nach drei kurzweiligen Stunden dafür die verdienten Ovationen.
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