Farke statt Favre

Daniel Farke lächelte freundlich, obwohl er sich eigentlich ertappt fühlen musste. Eher zufällig war er bei einem Rundgang an seinem künftigen Arbeitsplatzgesichtet worden, an der Seite von Roland Virkus, dem Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach. Das Foto, das beide in den Katakomben des Borussia-Parks zeigte, tauchte wenig später in den sozialen Medien auf.

Dass das nicht zwingend etwas bedeuten muss, das wissen sie bei Borussia Mönchengladbach spätestens seit einer Woche. Auch mit Lucien Favre schien alles klar. Die Dinge warenweit gediehen, sein Vertrag als Trainer des Klubs war längst ausgehandelt – dann aber sagte der Schweizer etwas überraschend für alle Beteiligten doch noch ab und stürzte Borussia Mönchengladbach erneut in Verlegenheit.

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Mit Daniel Farke aber ist nichts mehr schief gegangen. Am Samstagnachmittag verkündeten die Gladbacher tatsächlich Vollzug. Der 45-Jährige wird neuer Trainer des Fußball-Bundesligisten und Nachfolger von Adi Hütter, von dem sich die Gladbacher nach Ablauf der Saison und einem unbefriedigenden zehnten Tabellenplatz getrennt hatten. Farke erhält einen Vertrag bis 2025.

Auf den ersten Blick mag der Neue vielen wie die1B-Lösung erscheinen, nachdem sich Borussia zunächst auf Lucien Favre versteift hatte. Aber das liegt allenfalls an dem fast schonmythischen Ruf, den der Schweizer in Mönchengladbach genießt. Die offenbar realistische Aussicht auf seine Rückkehr hatte dem leicht schwermütigen Klub nach einer mäßigen Saison tatsächlich neuen Lebensmut eingehaucht.

Farke hat ähnliche Ideen wie Favre

Schon von 2011 bis2015 hatte Favre für die Borussia gearbeitet. Er rettete die Gladbacher zunächst vor dem sicheren Abstieg und führte sie anschließend bis in die Champions League. Dass es mit ihm aber nie ganzeinfach war, dass er für die Klubführung um den damaligen Sportchef Max Eberl schwer zu händeln war und er den Verein im September 2015 Knall auf Fall einfach verlassen hat: Das alles hatten viele offensichtlich verdrängt.

Farke ist nicht Favre: Aber der Unterschied besteht gewissermaßen lediglich aus einem Buchstaben. Und fußballerisch gibt es ebenfalls einige Parallelen. Farke ist ein Trainer, der mit seiner Idee des Spiels besser nach Mönchengladbach passt als seine beiden Vorgänger Marco Rose und Adi Hütter, die eher der balljagenden RB-Schule angehören.

In Mönchengladbach sind die ästhetischen Vorstellungen sehr stark durch die Ära Favre geprägt. Mit Farke hofft der Klub wieder stärker an die Ballbesitzschule anzuknüpfen. Er sei ein Trainer „der genau zu dem Weg passt, den wir einschlagen wollen“, erklärte Borussias Sportdirektor Virkus. Farke steht für offensiven Fußball mit hohem Ballbesitzanteil.

Selbst Guardiola ist ein Fan von Farkes Fußball

Das deckt sich mit den Vorstellungen vieler Gladbach-Fans und trifft selbst bei den Größten der Trainerzunft auf Anerkennung. Pep Guardiola hat einmal erklärt, dass er privat nur wenig Fußball schaue, wenn doch, dann am liebsten Spiele von Norwich City unter Farke.

Dass die Gladbacher zuletzt von ihrem Weg abgekommen waren, das hat selbst Virkus jüngst zugegeben. Als er bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Montag – auf Nachfrage – zugeben musste, dass die Verhandlungen mit Favre gescheitert seien, erklärte er auch mit Blick auf die Besetzung der Trainerposition: „Wir haben in der Vergangenheit keine guten Entscheidungen getroffen. Es ist nun unabdingbar, hier gut zu entscheiden.“

Farke genießt in der Branche einen guten Ruf. Einen Namen hat sich der Westfale vor allem in seiner Zeit bei Norwich City gemacht. Zweimal führte er den Klub, trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten, in die Premier League, stieg zwischendurch aber auch wieder in die First Division ab. Zuvor war er für den SV Lippstadt und die U 23 von Borussia Dortmund tätig.

Zuletzt trainierte Farke den russischen Erstligisten FK. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine löste er seinen Vertrag umgehend auf – ohne ein einziges Pflichtspiel mit dem Klub bestritten zu haben.