Kunst und Leben zum Sommerausklang: Die Messe Art-o-rama in Marseille

Fast könnte man vergessen, dass es ums Geschäft geht. Die Messe Art-o-rama macht in Marseille das Ferienende erträglich. Die Sonne scheint, die Heimkehrer sind entspannt, der Rosé, den hier übrigens kaum ein Einheimischer trinkt, schmeckt eh, und Kunst gibt es auch noch. Mit jeweils rund 40 Galerien hat sich die kleine Messe im Kulturzentrum Friche la Belle du Mai einen festen Platz im Kalender erobert. 

Die Art-o-rama versteht sich gleichermaßen als Schaufenster des Südens wie als Netzwerkplattform. Die Fluktuation der Aussteller nimmt man hier gerne in Kauf. „Letztes Jahr hatten wir viele italienische Galerien, dieses Jahr nur zwei, dafür fünf spanische und einige aus London“, erklärt Messedirektor Jérôme Pantalacci. „Wir bitten die Galerien, ein Projekt vorzuschlagen, und manchmal hat eine Galerie eine Idee, die sie hier realisieren will.“

Dass es um Inhalte geht, macht schon der Katalog deutlich, der wie ein Fanzine der 80er oder 90er Jahre aussieht und die Kunst selbst nur in briefmarkengroßen Abbildungen zeigt. Dafür gibt es zu jedem Stand einen instruktiven Text. Vermittlung steht hier im Vordergrund. Vor dem Start der Messe gab es keinen nennenswerten Markt für zeitgenössische Kunst in Marseille. „Aber immer gute Sammlungen, wenn auch nicht genug für einen lokalen Markt,“ erklärt Pantalacci. Jetzt gebe es mehr Käufer in Marseille, „nicht unbedingt Sammler, aber Menschen, die sich für Kunst interessieren.“

Junge Positionen

Die etablierten französischen Galerien kommen mit jungen Positionen. Sie gehen damit ein Risiko ein, das aber – verglichen mit den großen Messen – überschaubar bleibt. Die Preise betragen 3500 Euro für Galerien, die jünger als sieben Jahre sind, die anderen zahlen 4000 Euro. Dafür bekommen sie zwölf Wandmeter, mehr Platz kostet zusätzlich. Aus Frankreich kommen aktuell DVIR, Georges-Philippe et Nathalie Valois, In Situ Fabienne Leclerc und Suzanne Tarasieve hierher. Aus Deutschland sind in diesem Jahr Blom (Düsseldorf), Paulina Caspari (München) und Zyrland Zoiropa dabei. 

Gut 20 Editeure, Galerien, Studios und Initiativen stellen in der „La Tour“ genannten Halle aus, die Édition & design beherbergt. Sie präsentieren sich in außergewöhnlich labyrinthischer Standarchitektur. Die fließenden Grenzen zwischen Kunst und Design macht schon am Eingang der Stand von La Peau de L’Ourse aus Brüssel mit den Keramikskulpturen von Francois Bauer deutlich, bei denen die Sockel aus demselben Material ebenso verspielt wirken wie die darauf platzierten Objekte. Und selten gelingt es Editeuren, ihre Stände so präzise zu kuratieren wie Keijiban aus Kanazawa in Japan. Hier sind unter anderem Arbeiten von Yto Barrada und Anri Sala zu haben. 

Innovativ zeigt sich Messe bei der Vernetzung einheimischer Künstler mit dem Markt. Für den Région Sud Art Prize könne sich Absolventen der sieben Kunstakademien Frankreichs bewerben. Die Vorauswahl trifft jeweils ein externer Kurator, aktuell Francesco Tenaglia aus Mailand. Während der Vorjahresgewinner (unter anderem) eine Solopräsentation in der Haupthalle bekommt, präsentieren sich die vier Finalisten bei den Designern. Der Clou: Die Teilnehmer des Hauptfelds wählen den Sieger des Wettbewerbs. So werden auch die auswärtigen Galerien mit Vertretern der hiesigen Szene vertraut gemacht.

Quasi zum Anfixen hat Moly Sabat, die Künstlerresidenz der Fondation Albert Gleizes in Sablons, südlich von Lyon, Porzellan und Keramik für niedrige zweistellige Beträge im Angebot – das ist weniger, als man auf der Terrasse der benachbarten Bar für eine Flasche Rosé bezahlt.