„Wir haben ein paar sehr gute Argumente“: Wird Fabian Reese inzwischen zu groß für Hertha BSC?

Fabian Reese zeigte noch einmal, wozu er bei Hertha BSC in der Lage ist. Er ging voran und zog die ganze Mannschaft mit.

Das Spiel war bereits abgepfiffen, der 1. FC Köln, der bisherige Tabellenführer der Zweiten Liga, mit 1:0 besiegt, da setzte Fabian Reese zu seinem 36. Sprint an. An der Seite von Herthas Kapitän Toni Leistner, auch ein Held dieses Abends, lief er auf die Fans in der Nordostecke des Kölner Stadions zu. Mit drei Meter Abstand folgte der Rest der Mannschaft.

„Führungsspieler, Leader, Unterschiedsspieler“, sagte Benjamin Weber, Herthas Sportdirektor, über Fabian Reese. Er sei einer, „der das Team mitzieht, der die Jungs um sich herum besser macht und in der Kabine vorangeht“.

Den gefühlt 736. Beleg für diese Aussage hatte Reese am Samstagabend in Köln-Müngersdorf geliefert, im – nicht nur dem Namen nach – Topspiel der Zweiten Liga. Dass Hertha nach zwei Niederlagen gegen den FC in dieser Saison erstmals als Sieger vom Platz ging, das lag schon deshalb an Fabian Reese, weil er das einzige Tor des Abends erzielt hatte.

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Ich glaube, wir können relativ schnell unsere Ziele erreichen.

Herthas Trainer Stefan Leitl über den Klassenerhalt

Es lief die erste Minute der zweiten Hälfte, als Herthas Sechser Diego Demme, auch ein Held dieses Abends, einen weiten Ball auf die rechte Angriffsseite der Berliner spielte. Reese war der Adressat seines Passes. Er kurvte von der Außenbahn in die Mitte, ließ einen Kölner Gegenspieler mit einer Finte ins Leere laufen und schlenzte den Ball dann mit links – eigentlich der schwächere seiner beiden Füße – in den Winkel. „Hey, geiles Tor“, sagte Sportdirektor Weber.

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der 10 Tore seit dem Trainerwechsel hat Fabian Reese erzielt

Dieses geile Tor bescherte den Berlinern den dritten Sieg nacheinander und de facto auch das Ende der schlimmsten Abstiegssorgen – selbst wenn das von den Beteiligten noch niemand so deutlich aussprechen wollte. Stefan Leitl, der Trainer, sagte immerhin: „Ich glaube, wir können relativ schnell unsere Ziele erreichen.“

Nach nur einem Punkt aus seinen ersten drei Spielen hat Hertha inzwischen den Turnaround geschafft. Die beschämende erste Halbzeit in Elversberg wirkte dabei wie ein heilsamer Schock. Weber erzählte am Samstagabend, „dass wir uns nach Elversberg schon sehr klar die Meinung gegeigt haben“. Zu den Inhalten dieses Meinungsaustauschs wollte Ibrahim Maza, auch ein Held des Abends, nichts Konkretes sagen. Aber: „Es hat was gebracht.“

Er hilft uns. Er ist immer so heiß, bringt Energie mit. Ein super Typ.

Ibrahim Maza über Fabian Reese

Neben der Systemumstellung, die Leitl in Elversberg beim Pausenstand von 0:4 vornahm, ist die Rückkehr von Fabian Reese zu alter Stärke ein entscheidender Faktor für den Aufschwung. Fast die komplette Hinserie fehlte er wegen seiner Sprunggelenksverletzung. Nach einem ersten Comebackversuch musste er am Ende der Vorrunde erneut pausieren. Aber inzwischen ist er wieder so unwiderstehlich wie in der vergangenen Saison. Vielleicht sogar noch ein bisschen unwiderstehlicher.

„Er hilft uns“, sagte Maza. „Er ist immer so heiß, bringt Energie mit. Ein super Typ.“ Zehn Tore hat Hertha seit dem Trainerwechsel von Cristian Fiél zu Stefan Leitl erzielt. Sechs davon gehen auf das Konto von Fabian Reese. Allein fünf waren es bei den jüngsten drei Siegen, darunter jeweils das wegweisende 1:0.

Auf dem Absprung? Fabian Reese ist eigentlich zu gut für die Zweite Liga.

© IMAGO/DeFodi Images/IMAGO/Ralf Treese/DeFodi Images

Reese profitiert dabei auch von seiner neuen Position im neuen 3-5-2-System. Statt wie in der Vorsaison auf dem linken Flügel zu spielen, ist er jetzt einer von zwei Stürmern. Trotz aller offenkundigen Vorzüge dieser Rolle hat Reese anfangs ein bisschen mit ihr gehadert.

Aber Leitl hat ihn überzeugt: „Du bist näher am Tor, hast mehr Abschlusssituationen“, hat er gesagt. Letztlich kommt das der gesamten Mannschaft zugute, trägt – so paradox das klingen mag – auch zur defensiven Stabilität ist. Weil Reese in der Lage ist, aus wenig viel zu machen, kann sich Herthas Defensive auf die Defensivarbeit konzentrieren. Sein Schuss zum 1:0 hatte einen Expected-Goals-Wert von 0,03. Trotzdem landete der Ball im Tor.

Reese will in die Bundesliga

Bei aller Freude und Erleichterung lösen Reeses Leistungen unter Herthas Fans allerdings auch zwiespältige Reaktionen aus, und das gleich doppelt. Zum einen stellen sie sich die Frage, was in dieser Saison möglich gewesen wäre, wenn Reese nicht so lange ausgefallen wäre. Zum anderen sorgen sie sich, wie es nach der Saison weitergehen soll, wenn Reese nicht mehr für Hertha spielen wird. Denn so wird es doch kommen, oder?

Dass Reese ehrgeizig ist und eher auf kurze denn auf lange Sicht in die Bundesliga strebt, ist allgemein bekannt. Noch – mit inzwischen 27 Jahren – befindet er sich im sogenannten besten Fußballeralter. Aber viel Zeit hat Fabian Reese nicht mehr zu verlieren. „Er wird natürlich immer teurer für die anderen Mannschaften, die ihn haben wollen“, sagte Toni Leistner.

Herthas Kapitän weiß, wie Profifußballer denken, weil er selbst Profifußballer ist. „Ein Sportler strebt immer nach dem Höchsten“, sagte er. Hertha habe bisher eine enttäuschende Saison hingelegt und das Ziel, in die Bundesliga zurückzukehren, verfehlt. Da könne er verstehen, „wenn sich Spieler anders orientieren, höher orientieren. Das darf man auch keinem übel nehmen.“

Sportdirektor Weber hofft auf einen Verbleib

Es ist allerdings auch bekannt, dass Hertha für Fabian Reese zu einem ganz besonderen Verein geworden ist und die Stadt Berlin eine perfekte Bühne für seine Interessen und Neigungen. Wolfsburg, Mainz oder Sinsheim werden ihm diese Bühne nicht bieten können. Zudem hat er seinen Vertrag erst zu Saisonbeginn bis 2028 verlängert und damit dokumentiert, dass Hertha und Berlin im Gesamtpaket seine erste Wahl sind.

„Ich glaube, wir haben ein paar sehr, sehr gute Argumente. Er weiß, was er an uns hat“, sagte Sportdirektor Benjamin Weber. „Hoffnung hat man immer.“ Die Berliner müssten es schaffen, Reese zumindest für die Saison 2026/27 die realistische Perspektive Bundesliga zu bieten – und zugleich darauf hoffen, dass die ganz großen Vereine im Sommer erneut kein gesteigertes Interesse an ihrem Offensivspieler zeigen.

Reese selbst sagte zu dem Thema, das in den nächsten Wochen und Monaten eines der bestimmenden rund um Hertha BSC werden dürfte: „Ich habe einen Vertrag bis 2028, fühle mich pudelwohl in der Stadt und habe meinen Lieblingstrainer an der Seite. Ich kann mich nicht beschweren.“

Im Interview beim TV-Sender Sky wurde er gefragt, ob es schon eine Tendenz gebe. Reese machte es kurz: „Nee.“