Drei Frauen mit Geheimnissen

Drei Frauen. Eine lange, eine kurze und eine von mittlerer Statur. Nebeneinander gestellt eine schräge, eine ziemlich schräge Angelegenheit. Drei Frauen – und drei Welten. Eine langhaarige Schwedin (Charlotte Engelkes), eine lockenköpfige Kanadierin (Marie Goyette) und eine fest verzopfte, hoch gesteckte Japanerin (Yumiko Tanaka). Eine Elegante, eine Witzige und eine Strenge. Was sie tun? Etwas. Dann etwas anderes. Und dann noch etwas anderes. Allein, zu zweit, zu dritt. Miteinander. Und gegeneinander. Wobei sie auch umgekehrt tun könnten, was sie da tun: einen Luftballon über die Bühne stupsen. Einen Puppenwagen durch eine Tür schieben. Ein paar Skier an die Wand lehnen. Heitere Vorgänge ohne größere Bedeutung: ein Kontinuum, ein Ausschnitt aus der schönen Unendlichkeit.

Drei Frauen oder “Hashigaraki”, wie Heiner Goebbels seinen Abend im Berliner Hebbel-Theater in Anlehnung an ein Kabuki-Stück genannt hat. Drei Frauen und die Musik. Die Musik ist vor ihnen da. Nein: Diese Frauen sind Musik – wie sie gehen, schreiten, tanzen. Und sie machen Musik.

“Ladies’ voices give pleasure”, strahlt die Frau mit den langen Haaren. Und sie singt (bevor später geschrien wird) etwas von den Beach-Boys-Liedern aus “Pet Sounds”, die hier, um japanische und indische Instrumente angereichert, wiederkehren. Und sie umschmeichelt das Theremin, jene elektronische Quietsch- und Brummkommode, die jede Handbewegung um sie herum in Töne übersetzt. Und sie rezitiert Texte aus Gertrude Steins “The Making of Americans”, diesem endlosen Permutationssingsang, der jeden Satz zehnmal hin und her wendet, bevor ein neues Motiv auftaucht und wieder von allen Seiten betrachtet wird. Und wird abgelöst von der nächsten Frau, die sich in ihre eigenen Klangwolken einspinnt:

“There’s always repeating. Repeating is the whole of living.” Auch Heiner Goebbels wiederholt vor allem. Er holt hervor, was ihm zu passen scheint und setzt es zusammen. Wer Ohren und Augen aufsperrt, erlebt eine große glückliche Synthese, in der alles mit allem reagiert und etwas Neues entsteht. Nichts als Verwandlung, nichts als Beständigkeit. Glocken, hand- bis kübelgroß, die vom Theaterhimmel herabgelassen werden und mit einem Körbchen darunter als Heißluftballons wieder aufsteigen. Lichtkringel und -schraffuren im mit wechselnden Farben ausgeleuchteten Halbrund. Eine Stadt aus Pappe, die aufgebaut wird und wieder abgeräumt. Und drei Frauen voller Geheimnisse. Ein Kuss für jede. Und eine Umarmung für Heiner Goebbels.