Der 1. FC Union fliegt ins Pokal-Viertelfinale

Tayfun Korkut nutzte die gesamte Fläche seiner Coaching Zone, und manches Mal ging der Trainer von Hertha BSC auch über die zulässigen Grenzen hinaus. Dann stand er direkt an der Seitenlinie, um beim DFB-Pokalspiel seiner Mannschaft gegen den Berliner Lokalrivalen 1. FC Union korrigierend einzugreifen. Das war zwingend nötig. Und brachte doch nicht den erwünschten Erfolg.

Der Traum vom Pokalendspiel im eigenen Wohnzimmer endete für Hertha wieder einmal reichlich früh, diesmal im Achtelfinale. Und damit nicht genug: Er endete auch noch im Derby gegen die neue Nummer eins im Berliner Fußball. Der 1. FC Union feierte im Olympiastadion einen verdienten 3:2 (1:0)-Erfolg und erreichte dadurch zum dritten Mal in seiner Vereinsgeschichte das Viertelfinale im DFB-Pokal. Hertha hingegen scheiterte zum sechsten Mal in diesem Jahrtausend im eigenen Stadion – bei lediglich drei Heimsiegen in diesem Wettbewerb.

Korkut hatte seine Startelf nach dem 0:0 in Wolfsburg auf drei Positionen verändert: Kapitän Dedryck Boyata ersetzte den angeschlagenen Jordan Torunarigha, Suat Serdar und Lucas Tousart spielten für Myziane Maolida und Jurgen Ekkelenkamp. Bei Union beließ es Urs Fischer nach dem Heimsieg gegen Hoffenheim bei einem Wechsel: Julian Ryerson rückte für Christopher Trimmel ins Team.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können]

Die Gäste aus dem Südosten der Stadt ließen ihren Gegner nicht lange im Zweifel darüber, was sie an diesem Abend vorhatten. Neun Sekunden waren vorüber, als Herthas Torhüter Alexander Schwolow bei einem Schuss von Max Kruse aufs kurze Eck erstmals gefordert war; nach nicht mal einer Minute musste er – diesmal bei einem Schuss von Andreas Voglsammer – ein weiteres Mal eingreifen.

In der Tabelle liegt Union nun fast anderthalb Jahre verlässlich vor Hertha, aber so deutlich wie am Mittwoch vor der Pause war der Unterschied zwischen beiden Teams noch nie. Ein Derby hat oft sein eigenes Gesicht, da werden Qualitätsunterschiede auch mal mit Mentalität und Leidenschaft kompensiert. Im weitgehend leeren Olympiastadion aber spiegelte die Partie die derzeitige Tabellenkonstellation wider. Union spielte wie eine Mannschaft, die sich um einen Startplatz im Europapokal bewirbt, Hertha wie eine, die gegen den Abstieg kämpft.

Die Gastgeber hatten in der ersten Hälfte viel fruchtlosen Ballbesitz. Es ging, meist parallel zur Mittellinie, von links nach rechts und dann wieder nach links. Für das Spiel nach vorne fehlte eine tragende Idee, wobei Union auch dafür bekannt ist, dass sie der Verwirklichung solcher Ideen recht wirkungsvoll zu begegnen versteht.

Die Gäste präsentierten sich fußballerisch deutlich stärker als zuletzt in der Liga. Vor allem aber wirkten sie reifer als Hertha, klarer in ihrem Spiel und auch entschlossener. So wie nach zehn Minuten, als die Gastgeber mit einem Pass die Seitenlinie entlang komplett überrumpelt wurden. Max Kruse flankte von der linken Seite, und Voglsammer überlupfte Schwolow mit einer Art Seitfallzieher gegen die Laufrichtung. Ein formschöner Treffer zum 1:0 für Union, der die direkt Beteiligten nicht nur erfreute, sondern regelrecht verzückte.

Hertha fand lange offensiv so gut wie gar nicht statt. Erst nach einer halben Stunde wurde es in Unions Strafraum mal halbwegs gefährlich, aber die Abschlussversuche gerieten arg wild und wirkten etwas zufällig. Kurz darauf verpasste Marco Richter, der als zweite Spitze um Ishak Belfodil herumspielte, eine Hereingabe von Lukas Klünter.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Der klarste Angriff der Gastgeber endete in der Nachspielzeit zwar mit einem Treffer, doch Serdars Tor zum vermeintlichen 1:1 zählte nicht, weil Vorbereiter Belfodil zuvor im Abseits gestanden hatte. Auf der anderen Seite war zuvor ein Handelfmeter für Union vom Videoassistenten einkassiert worden war, weil sich Voglsammer in der Entstehung im Abseits befunden hatte.

Korkut brachte zur zweiten Hälfte Peter Pekarik und Myziane Maolida für Klünter und Richter. Maolida fügte sich mit einem Ballgewinn gegen Grischa Prömel gut ein. In der Folge kamen die Gastgeber zu ihrer bis dahin bester Chance. Vladimir Darida löffelte den Ball aus fünf Metern über die Latte. Doch dem verheißungsvollen Wiederbeginn folgte umgehend die Ernüchterung. Quasi im Gegenzug erhöhte Union auf 2:0. Erst rutschte Boyata aus, dann lenkte Niklas Stark den Ball ins eigene Tor.

Verglichen mit der eher getragenen ersten Hälfte ging es mit drei Toren in nicht mal zehn Minuten zu Beginn der zweiten richtig wild zu. Hertha verkürzte noch einmal, nachdem Rani Khedira einen Schuss von Suat Serdar unglücklich ins kurze Eck abgefälscht hatte. Doch nicht mal eine Minute später lag Union schon wieder mit zwei Toren vorne. Innenverteidiger Robin Knoche traf nach einem Freistoß von Bastian Oczipka zum 3:1. In den entscheidenden Momenten machte es Hertha den Gästen viel zu einfach. Und obwohl Korkuts Mannschaft nicht aufsteckte und in letzter Sekunde durch Serdar noch auf 2:3 verkürzte, konnte Hertha die Niederlage nicht verhindern.