Zum Tod von Kasper König: Mit jeder Faser ein Macher
Man weiß bei einem wie ihm gar nicht, wo man anfangen soll. Kasper König, Kurator, Museumsdirektor und Kunstprofessor, hat nicht ohne Grund den Titel Ausstellungsmacher für sich reklamiert; viel lieber war ihm das als das gestrenge Wort Kurator. Er war ein Mensch mit ausgeprägten Macherqualitäten.
Seine ersten international beachteten Ausstellungen kuratiert er mit 23 Jahren, 1966 bringt er eine viel beachtete Schau des Bildhauers Claes Oldenburg ins Moderna Museet in Stockholm und weckt damit das Interesse für die Pop-Art in Europa. Noch viele andere hat er von New York aus ins Rheinland und ans deutsche Publikum vermittelt, den Minimalisten Carl Andre, Bruce Nauman, die Konzept-Zeichnerin Hanne Darboven, um nur einige aus seinem Netzwerk zu nennen, die zu Stars der Kunstszene geworden sind.
Initiator von „Westkunst“
1977 initiierte er mit Klaus Bußmann die Skulptur Projekte Münster, eine Ausstellung mit Kunst im öffentlichen Raum, die nur alle zehn Jahre stattfindet und die zum Vorbild geworden ist für viele Ausstellungskonzepte, die folgten. In den Achtzigerjahren organisierte König zwei Ausstellungen, die den Blick auf die zeitgenössische Kunst in Westdeutschland prägten. „Westkunst“ in Köln und „Von hier aus – Zwei Monate neue deutsche Kunst in Düsseldorf“, an der Künstler wie Bernd und Hilla Becher, Marina Abramović, Anselm Kiefer, Hanne Darboven oder Gerhard Richter teilnahmen, die heute wie selbstverständlich zum Kanon gehören.
König, der die Schule abgebrochen und selbst keinen regulären Hochschulabschluss hat, unterrichtet an der Kunsthochschule Düsseldorf, später an der Städelschule in Frankfurt/ Main, die er ab 1989 leitet. Bereits 1987 gründet er die Ausstellungshalle Portikus, die der Kunsthochschule angeschlossen ist. Von 2000 bis 2012 war er Direktor des Museum Ludwig in Köln.
Für ihn war das Museum ein öffentlicher Ort – und Kunst auch für diejenigen da, die sich nicht dafür interessieren. Der jetzige Direktor des Museums, Yilmaz Dziewior, würdigt seinen Vorgänger als einen der „ganz Großen im Kunstbetrieb“. Mit „seiner Kenntnis, seinem Urteilsvermögen und seiner Unbestechlichkeit“ habe er das Museum Ludwig wieder auf Weltniveau gehoben.
Kasper König der Strippenzieher
Schon äußerlich war König eine Marke, ein hagerer Mann, hochgewachsen, zerbeulte Hose, buntes Hemd, Hosenträger, so kannte man ihn. So sah man ihn auch in Berlin bei Kunstveranstaltungen aller Art: von der glamourösen Eröffnung bis zur Ausstellung im kleinen Projektraum. Als die Kunstszene sich in den 2000er Jahren von Köln nach Berlin bewegte, zog irgendwann auch König nach Berlin, operierte in einem kleinen Raum an der Kurfürstenstraße, wo das Bücherregal ähnlich üppig gefüllt war wie in seinem Rektorenzimmer in der Frankfurter Städelschule.
Im Münsterland aufgewachsen, begeistert sich Kasper König, damals noch mit dem Vornamen Rudolf Hans, schon als Schüler für unkonventionelle Kunst, etwa für die „Kritzeleien“ von Cy Twombly, die er im Museum Folkwang entdeckt. 1962 stiefelt er in die Galerie von Rudolf Zwirner in Köln und will mitmachen.
Er beginnt ein Volontariat, geht bald nach London. Nicht ohne Hintergedanken: In der Bundesrepublik gilt er als fahnenflüchtig, weil er seinen Wehrdienst verweigert und den Ersatzdienst abgebrochen hat. In London ändert er dann auch seinen Namen, und er wird Aufbauhelfer bei der Documenta 3.
Der Job bringt ihn nach New York, wo er bis 1978 lebt und zahlreiche Ausstellungsprojekte für europäische Museen organisiert. Mit seinem Bruder Walther gründet er eine Buchhandlung in Köln, den „Verlag Gebrüder König Köln – New York“. Die bei New Yorker Galerien eingesammelten Kataloge schickt er im Koffer zum Bruder ins Rheinland.
Meinungsstark für die Kunst
Kasper König war dafür bekannt, dass er mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hielt, weder zum Sinn und Zweck der Kunst noch zur Kulturpolitik. Er ärgerte sich darüber, wenn Kulturförderung mehr danach ausgerichtet war, dem Prestige der Politiker zu dienen als der Kunst und der Öffentlichkeit.
Und er war ein eifriger Postkartenschreiber. Es konnte vorkommen, dass man auf einen Text, den man als Journalistin über eines seiner Ausstellungsprojekte veröffentlicht hatte, eine von Hand collagierte Postkarte erhielt, mit Lob oder auch mit der Aufforderung, sowas „bitte nicht noch einmal“ lesen zu müssen.
Anfang Juli war bekanntgeworden, dass König seine Privatsammlung mit 400 Werken der modernen und zeitgenössischen Kunst versteigern will. Die Werke sollten Anfang Oktober in einer von König selbst kuratierten Ausstellung im Auktionshaus Van Ham präsentiert werden.
Am Freitag ist Kasper König im Alter von 80 Jahre im Kreise seiner Familie gestorben.