Finanzchef Ingo Schiller hört nach fast 25 Jahren auf

Hertha BSC hat es doch noch geschafft. Durch ein 2:0 über den Hamburger SV bleiben die Berliner also erstklassig. So viel ist klar. Vieles andere aber, eigentlich fast alles sogar, ist im Fluss und wird den Verein womöglich noch einige Wochen beschäftigen. Hertha braucht nicht nur einen neuen Trainer, auch sonst sind viele wichtige Personalien derzeit noch ungeklärt, und das betrifft nicht nur im Kader der Profi-Mannschaft.

Es scheint inzwischen mehr als nur ein Gerücht zu sein, dass die Zeit von Werner Gegenbauer als Präsident des Vereins nach 14 Jahren zu Ende gehen wird – unabhängig davon, ob er am Sonntag, bei der Mitgliederversammlung, abgewählt werden wird oder nicht. Dass sich Gegenbauer überhaupt noch der Abstimmung stellen wird, gilt längst als zweifelhaft.

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Nicht nur im Präsidium, auch in der Geschäftsführung könnte es Veränderungen geben. Fredi Bobic, erst vor einem Jahr aus Frankfurt gekommen und von vielen als Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft gesehen, steht inzwischen für die Zusammenstellung des Profikaders massiv in der Kritik. Darf er bleiben? Will er bleiben? Er selbst hat sich bisher nicht klar dazu geäußert. Sicher ist allerdings, dass Bobics Geschäftsführerkollege Ingo Schiller bei Hertha aufhören wird. Das ist dem Tagesspiegel aus dem Verein heraus bestätigt worden.

Schillers Vertrag, der im August 2019 zuletzt verlängert worden war, wird aufgelöst – einvernehmlich, wie es heißt. Die Initiative für die Trennung soll jedoch von Schiller ausgegangen sein und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der aktuellen sportlichen Misere stehen. Die Entscheidung ist bereits gefallen, als Herthas Rettung nur noch Formsache schien.

Am Sonntag wird der 56-Jährige demnach seinen letzten großen öffentlichen Auftritt haben, wenn er bei der Mitgliedersammlung wie gewohnt Rechenschaft über die wirtschaftliche Situation des Vereins ablegen und die Finanzplanung für die kommende Saison vorstellen wird. Zuletzt hatte er im Januar verkündet: „Wir sind aktuell gut aufgestellt, um die Aufgaben der Zukunft zu meistern.“ Hertha habe nicht nur die Verbindlichkeiten deutlich reduzieren, sondern auch das Eigenkapital verdreifachen können. Damit zähle der Klub zu den Top drei in Deutschland.

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In erster Linie liegt das am Investment von Lars Windhorst. Es war Schiller, der den Kontakt zu dem Unternehmer hergestellt hatte. Über sein Unternehmen Tennor hat Windhorst dem Verein seit Sommer 2019 insgesamt 374 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und damit 64,7 Prozent der Anteile an der Hertha BSC Kommanditgesellschaft auf Aktien erworben. Reibungsfrei war das Verhältnis zwischen Investor und Verein allerdings von Beginn an nicht. Und zuletzt schon mal gar nicht. Mit seiner Aussage, dass er auch gerne mal wissen würde, was eigentlich mit seinem ganzen Geld passiert sei, hat Windhorst zuletzt – zumindest indirekt – auch Schiller attackiert.

Ein weiteres wichtiges Projekt wird Herthas Finanzgeschäftsführer nun nicht mehr weiterverfolgen können: den Bau eines vereinseigenen Stadions, das er immer wieder als existenziell für die Zukunft des Klubs bezeichnet hat. “Wir wollen und werden mit diesem Projekt die Wirtschaftskraft von Hertha BSC stärken”, hat er erst im Januar bei der Mitgliederversammlung gesagt.

Wann genau seine Tätigkeit für Hertha endet, ist noch nicht abschließend geklärt. Schiller wird so lange im Amt bleiben, bis der Abschluss für das Geschäftsjahr 2021/22 testiert ist. Das wird im Herbst passieren. Der gebürtige Essener war dann fast ein Vierteljahrhundert für den Klub tätig. 1998 kam er von Borussia Mönchengladbach, seit Juli 2001 war er Finanzgeschäftsführer.