Mit Pal Dardai zum Wiederaufstieg: Wieso Hertha BSC an seinem Trainer festhält

Vor kurzem ist das Gerücht aufgekommen, dass Pal Dardai, der Cheftrainer von Hertha BSC, zur kommenden Saison ein neuer Assistent zur Seite gestellt werden könnte. Ante Covic, der bisher noch die U 23 der Berliner in der Regionalliga Nordost trainiert, sei für diesen Posten auserkoren worden.

Im Friesenhaus, Herthas Geschäftsstelle nahe dem Olympiastadion, soll bei Bekanntwerden dieses Gerüchts so laut gelacht worden sein, dass es dem Vernehmen nach bis nach Köpenick zu hören war. Pal Dardai und Ante Covic, die Ende der Neunziger gemeinsam für Hertha auf dem Fußballfeld gestanden haben, sind alles, aber ganz bestimmt keine Freunde. Im Klub gilt das als offenes Geheimnis.

Für Covic, 47, soll offenbar tatsächlich eine berufliche Veränderung anstehen. Aber die sieht nach Informationen des Fachmagazins „Kicker“ so aus, dass er seinen Job bei der U 23 verlieren wird. Zur neuen Saison, so schreibt das Blatt, werde er durch Stephan Schmidt, Herthas U-17-Trainer, ersetzt. Sollte das stimmen (eine Bestätigung gibt es bisher nicht), würde Pal Dardai wohl nicht zwingend ein Veto einlegen.

Aber es bliebe die Frage, wer ihm künftig bei den Profis als Assistent zur Hand gehen wird. Denn Dardai soll auch in der neuen Saison die Profis von Hertha BSC trainieren. So hat es am späten Mittwochabend zunächst der „Kicker“ berichtet. Von Vereinsseite ist die Fortsetzung der Zusammenarbeit bisher allerdings noch nicht offiziell verkündet worden. Und das aus gutem Grund. Nach Informationen des Tagesspiegels fehlt noch ein wichtiges Detail: das finale und letztgültige Ja-Wort von Pal Dardai.

Dardai ist eine Vereinsikone

Vermutlich wird es daran am Ende nicht scheitern. Dardai hat zuletzt schon sein Interesse durchscheinen lassen, das Amt des Cheftrainers dauerhaft zu übernehmen. Die Entscheidung liege bei der Vereinsführung und seiner Frau.

Vordergründig kommt Herthas Wunsch, mit dem bisherigen Trainer weiterzumachen, nicht überraschend. Dardai ist eine Vereinsikone und Integrationsfigur. Zudem pflegt er eine enge und vertrauensvolle Beziehung zur sportlichen Führung des Klubs.

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Spiele war Dardai am Ende der Saison im Amt. Das Team holte sieben Punkte.

Den neuen Sportdirektor Benjamin Weber kennt er noch aus seiner Zeit als Jugendtrainer bei Hertha. Damals hat Weber die Nachwuchsakademie geleitet. Und dessen wichtigster Mitstreiter Andreas „Zecke“ Neuendorf, der jetzt als Leiter Akademie und Lizenzspielerabteilung fungiert, hat nicht nur lange gemeinsam mit Dardai für Hertha gespielt; er war in dessen zweiter Amtszeit als Cheftrainer (Januar bis November 2021) auch sein Assistent.

Doch Herthas sportliche Führung ist nach dem Einstieg von 777 Partners nicht mehr alleiniger Herr im eigenen Haus. Der Investor aus Florida, der 78,8 Prozent der Anteile hält und von dem die Berliner finanziell abhängig sind, besitzt bei solch strategisch wichtigen Entscheidungen ein Mitspracherecht. Nachdem es anfangs wohl Vorbehalte gegen Dardai gegeben hat, soll 777 Partners die Entscheidung für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nun doch mittragen.

Diese Entscheidung ist naheliegend, selbst wenn Dardai mit der Hypothek in die neue Saison starten würde, dass er den Abstieg in die Zweite Liga nicht verhindern konnte. Aber er hatte eben auch nur wenig Zeit, seine Vorstellungen umzusetzen. Die Mannschaft war bereits Tabellenletzter, als Dardai die Aufgabe sechs Spieltage vor Schluss vom glücklosen Sandro Schwarz übernommen hat.

Für den 47 Jahre alten Ungarn ist es bereits die dritte Amtszeit als Cheftrainer. Beim ersten Mal (Februar 2015 bis Juni 2019) rettete er Hertha vor dem Abstieg. In den Jahren danach belegte er mit der Mannschaft die Plätze sieben, sechs, zehn und elf. Zweimal qualifizierte sich der Klub sogar für den Europapokal. Das ist Hertha seitdem, obwohl deutlich mehr Geld zur Verfügung stand, nicht mehr gelungen.

Auch 2021 schaffte Dardai trotz schwieriger Umstände den Klassenerhalt. Danach aber gab es wenig fruchtbare Spannungen mit dem neu installierten Sportchef Fredi Bobic. Dardai haderte mit dem Kader, der ihm zur Verfügung stand, Bobic wiederum haderte mit dem aus seiner Sicht uninspirierten Fußball, den die Mannschaft spielte. Nach 13 Spieltagen – Hertha lag auf Platz 14 – musste Dardai schließlich gehen.

Doch besser wurde es nicht. Am Ende rettete sich das Team erst in der Relegation vor dem Abstieg.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Ungar nun den Unfall reparieren soll, für den vor allem andere verantwortlich sind. Und das unter denkbar schwierigen Umständen. Noch bangt Hertha um die Lizenz für die Zweite Liga, die finanzielle Ausstattung ist dürftig, und wie der Kader aussehen wird, wenn am 26. Juni die Vorbereitung auf die neue Spielzeit beginnt, weiß derzeit niemand so genau.

Sicher ist nur, dass Dardai verstärkt auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs wird setzen müssen. Das sieht der „Berliner Weg“ vor, den die Vereinsführung ausgerufen hat. Das entspricht aber auch seinen eigenen Vorstellungen.

In den sechs Spielen unter Dardais Verantwortung haben bereits vier Talente aus Herthas Akademie ihr Bundesligadebüt gefeiert: Ibrahim Maza, 17, Pascal Klemens, 18, Veit Stange, 19, und Tony Rölke, 20. Hinzu kommt auch noch Torhüter Tjark Ernst, 20, der vor der Saison vom VfL Bochum nach Berlin gewechselt war.

Als am vergangenen Wochenende das vorerst letzte Bundesligaspiel von Hertha BSC abgepfiffen wurde, standen sechs Spieler aus dem eigenen Nachwuchs auf dem Platz. „Man muss ihnen eine Chance geben und auch ein bisschen Geduld haben“, sagte Dardai nach dem etwas überraschenden 2:1-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg. „Aber es sind nicht nur die Jugendspieler. Es ist die Mischung aus Alt und Jung. Ich glaube, jeder, der hier im Stadion war, konnte das genießen.“