Und wieder trägt sie Schwarz-Rot-Gold
Wie klein die Welt manchmal sein kann, wissen inzwischen auch Laura Ludwig und Patrick Hausding. Denn, wenn am Freitagmittag die XXXII. Olympischen Spiele feierlich eröffnet werden (13 Uhr, live im ZDF und bei Eurosport) werden die 35 Jahre alte Beachvolleyballerin und ihr drei Jahre jüngerer Wasserspringer-Kollege die Ehre haben, mit der deutschen Fahne ins Olympiastadion von Tokio einzumarschieren. Ludwig wurde einst in Berlin-Köpenick geboren, Hausding ist Lichtenberger.
Berlin repräsentiert Deutschland also auf der größten Bühne des Sports. Und doch wird es am Freitag sicherlich nicht ganz so fröhlich zugehen beim Einzug der Athleten wie sonst bei Olympia. Zuschauer nämlich sind keine im Stadion dabei, dazu sollen sich die Sportler auch nicht zu lange im weiten Rund aufhalten – in Sachen Corona will das deutsche Team keine Risiken eingehen.
„Wenn wir in 30, 40 Jahren auf diese Spiele zurückschauen und die Bilder anschauen, werden viele fragen, warum sind da keine Zuschauer. Dadurch werden diese Spiele herausstechen“, sagte Hausding nach der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses, bei dem er sich knapp gegen den Turner Andreas Toba durchsetzen konnte. Ludwig gewann die Wahl bei den Frauen etwas deutlicher, erstmals wird es in Tokio zwei Fahnenträger geben – einen weiblichen und einen männlichen.
„Die Zeremonie wird was Besonderes. Es geht darum, dass wir das olympische Feeling erleben. Wir gehen zusammen da rein, als Team, das wird uns beflügeln“, sagte Ludwig, der die allgemeine Stimmungsmache gegen Olympia ein bisschen gegen den Strich geht: „Es ist schade, dass so viele negative Wörter benutzt werden“, meinte sie am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, in der der Deutsche Olympische Sportbund die Fahnenträger bekanntgab.
Wie für Hausding sind es auch für Ludwig schon die vierten Spiele. Längst ist die Olympiasiegerin von Rio in Hamburg heimisch geworden und auch sonst hat sich bei ihr nach dem Goldtriumph 2016 mit Partnerin Kira Walkenhorst einiges verändert. Seit 2018 ist sie Mutter und sportlich hat sie sich mit Margareta Kozuch an ihrer Seite neu aufgestellt. Der kleine Teo wird seine Mama versuchen, von Berlin aus anzufeuern, dort kümmern sich die Eltern von Laura Ludwig um den inzwischen Dreijährigen.
„Er bekommt langsam mit, dass es unser Job ist und warum wir wieder so lange weit weg sind“, sagte Ludwig vor den Olympischen Spielen der Deutschen Presseagentur dpa. Nur mit dem Telefonieren nach Hause würde es noch nicht so recht klappen, zumal ihr Mann und Trainer Imornefe Bowes auch mit in Japan vor Ort ist.
Zu den Topfavoriten gehört das Duo Ludwig/Kozuch in Tokio nicht unbedingt. In diesem Jahr reichte es bei sechs Turnieren auf der World Tour noch nicht einmal für ein Viertelfinale. Ludwig hat in der Vergangenheit aber zuverlässig bewiesen, dass sie dann zur Höchstform aufläuft, wenn es wirklich zählt. Neben dem Olympiasieg von Rio war sie 2017 auch Weltmeisterin, dazu viermal Europameisterin und sogar sieben Mal Deutsche Meisterin. Und auch mit der ehemaligen Hallenspielerin Margareta Kozuch hat sie bereits einen großen Sieg feiern können: 2019 gewannen sie zusammen das World Tour Final in Rom.
Ludwig möchte auch in Tokio wieder eine Medaille gewinnen
„Es hat natürlich auch Aufs und Abs gegeben“, sagt Ludwig kürzlich im RBB und bemängelte insbesondere die fehlende Konstanz. Trotzdem rechnet sie sich durchaus „ eine Chance auf eine Medaille aus“, erklärte sie.
Gleich am Tag nach der Eröffnungsfeier steht für Ludwig/Kozuch schon das erste Gruppenspiel an. Das geht gegen die starken Schweizerinnen Nina Betschart und Tanja Hüberli, die die drei bisherigen direkten Duelle für sich entscheiden konnten und bei den beiden Spielen in diesem Jahr besonders klar gewannen.
Vielleicht kommt auch deswegen auf Patrick Hausding am Freitag ein bisschen mehr Arbeit zu, denn Ludwig wird beim Tragen der deutschen Fahne nicht zu viel Kraft aufwenden wollen. „Ich hoffe, dass er ein Gentleman ist und die schwere Arbeit ein bisschen mehr übernehmen wird“, sagte sie. Hausding meinte zwar: „So richtig abgesprochen haben wir es noch nicht.“ Er hätte von Laura Ludwig aber gehört, „dass ich den größeren Bizeps habe“.
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Und vielleicht kann Ludwig auch im olympischen Beachvolleyball-Turnier noch ein wenig Energie sparen. Denn nach dem zweiten von eigentlich drei Gruppenspielen am Montag gegen die Japanerinnen Miki Ishii und Megumi Murakami ist noch offen, wie es danach weitergeht. Angesetzt war für Mittwoch ein Duell mit Barbora Hermannova und Markéta Slukova aus Tschechien. Doch Slukova hat sich mit dem Coronavirus infiziert, muss in Quarantäne und wird nicht antreten können. Der tschechische Verband kann allerdings Spielerinnen um- oder nachmelden.
Doch so weit voraus blickt Laura Ludwig im Moment noch nicht. Vor ihr liegt die einmalige Aufgabe als deutsche Fahnenträgern. Und auch wenn es von außen trist aussehen mag, wenn Sportler in ei leeres Stadion einziehen, so will Laura Ludwig diesen besonderen Abend dennoch genießen. „Da machen wir schon selbst Stimmung“, versprach sie. Ganz so wie sie es vom Beachvolleyball kennt.