Doppelpack von Janik Haberer: Der 1. FC Union schlägt Dortmund verdient mit 2:0
Vor dem Spiel wirkte es so, als ob nichts an der Idylle rütteln könnte. Die Oktober-Sonne ließ die Farben des Spieltags etwas heller leuchten als sonst, und zwei Stunden vor Anpfiff schallten die einschläfernden Melodien einer bekannten Indie-Folk-Band aus Großbritannien durch das Stadion des Bundesliga-Tabellenführers. Alles war ruhig in Köpenick. Und dann kam der Krach.
Bisher hätte man vielleicht noch glauben können, dass der 1. FC Union nur mit etwas Glück an der Spitze des deutschen Fußballs steht. Nach diesem explosiven Abend dürfte aber auch dem Letzten klar sein, dass das kein Zufall ist. Mit dem 2:0-Sieg gegen Borussia Dortmund am Sonntag besiegte Union schon zum zweiten Mal in dieser Saison einen vermeintlichen Meisterkandidaten. Und wie schon im August gegen RB Leipzig gewannen die Berliner auch dieses Mal hochverdient.
„Manchmal haben wir etwas Spielglück, heute nicht,“ sagte der zweifache Torschütze Janik Haberer nach dem Spiel. Er hatte nach einem Torwartfehler beim ersten Tor zwar durchaus das Spielglück auf seiner Seite, behielt mit der Aussage aber trotzdem Recht. „Wenn du Dortmund 2:0 zu Hause schlägst, ein paar Chancen hast und wenig zulässt, dann ist das kein Zufall.“ Der Sieg lässt Unions traumhaften Höhenflug an der Tabellenspitze mindestens noch eine Woche – wenn nicht noch mehrere Wochen – weitergehen. Seit mehr als einem Monat ist der Klub aus Köpenick nun Tabellenführer.
Nach drei Siegen in Folge hielt Trainer Urs Fischer an seiner Philosophie der Rotation in Maßen fest. Im Vergleich zum 1:0 gegen Malmö stellte er nur auf zwei Positionen um: Der in Europa gesperrte Andras Schäfer rückte für Genki Haraguchi wieder in die Startelf, während Timo Baumgartl für Paul Jaeckel in der Dreierkette begann.
Union ist das gefährlichere Team
Vor einer lauten Kulisse auf beiden Seiten ging es in den ersten Minuten unterhaltsam zugange, mit Halbchancen auf beiden Seiten. Erst in der achten Minute explodierte das Stadion dann richtig. Bei einem gewöhnlichen Rückpass von Raphael Guerreiro rutschte Dortmunds Torwart Gregor Kobel im eigenen Strafraum aus, und der hellwache Janik Haberer durfte den Ball ins leere Tor schieben.
Kobel hatte schon zuvor einen etwas unsicheren Eindruck gemacht, und die Berliner blieben entsprechend aggressiv im Angriffspressing. Kurze Zeit später bekamen sie ihre Belohnung dafür. Nach einem unnötigen Ballverlust im Mittelfeld ließ sich die Dortmunder Defensive durch Schäfer, Sheraldo Becker und Jordan Siebatcheu austanzen. Letzterer machte den Ball stark an der Strafraumkante fest und legte für Haberer ab, der mit einem zischenden Flachschuss sein zweites Tor erzielte.
So überlegen waren die Köpenicker in den folgenden zehn Minuten, dass sie mit drei oder vier Toren in die Pause hätten gehen können. Nur die Abseitsfahne und die unperfekten Abschlüsse hielten die Euphorie noch in Grenzen, als Ryerson, Becker und Siebatcheu alle zu Chancen kamen.
Nach der Pause versuchte Terzic, eine ähnliche Aufholgjagd wie in der vergangenen Woche gegen Bayern herbeizuzaubern. Zur Pause wurden mit Marco Reus, Donyell Malen und Julian Brandt gleich drei frische Offensivkräfte eingewechselt. Doch Union blieb auch weiterhin gefährlich und hatte nach wie vor die besseren Chancen. Baumgartl scheiterte mit einem Kopfball an Kobel, während Becker gewohnt gefährlich bei Kontern blieb.
Erst in den letzten 20 Minuten, als Siebatcheu schon angeschlagen ausgewechselt worden war und die Beine immer müder wurden, kamen die Gastgeber in Bedrängnis. In der Schlussphase musste der Berliner Torwart Frederik Rönnow gleich dreimal stark halten. Vor allem die dritte, eine Sternfisch-Parade gegen Youssoufa Moukoko, ließ das Stadion nochmal explodieren.
Zwischendurch verlangten die Gäste auch einen Elfmeter vom Schiedsrichter, doch wie ihre fußballerischen Angriffe wirkte dieser Appell eher verzweifelt. Gegen das Union-Bollwerk kamen sie einfach nicht durch, und auch im Gästeblock glaubte man fünf Minuten vor Schluss kaum noch mehr an die Rettung. Im Rest des Stadions war es dafür laut, fröhlich, entschlossen. „Deutscher Meister wird nur der FCU”, sangen die Union-Fans. Und diesmal klang es so, als ob sie es wirklich glaubten. „Nur die Mannschaft und ihr immer so sachlicher Trainer ließ sich von der Euphorie nicht mitreißen. „Die Fans dürfen träumen,“ sagte Urs Fischer. „Aber wir sind nicht diejenigen, die träumen sollten.“
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