„Wenn es nur das Doppelte wäre…“
Am Dienstag danach erlaubte sich der Manager des 1. FC Union einen Scherz. Das ganze Geld, das sein Verein mit dem Verkauf von Stürmer Max Kruse verdient hat, so Oliver Ruhnert, habe er neben ihm auf dem Beifahrersitz seines Autos. Und zwar in dem Jutebeutel eines bekannten Bio-Supermarkts: „so wie sich das organisch gehört“. So zog er mit einem kleinen Lacher den Schlussstrich unter ein sonst wenig amüsantes Wochenende für den Köpenicker Klub.
So richtig angekommen im Elite-Fußball ist man als Verein erst dann, wenn man im Zuge des sogenannten „Deadline Day“ für eine der größten Schlagzeilen sorgt. Das ist dem 1. FC Union nun erstmals seit dem Aufstieg in die Bundesliga gelungen, und zwar auf bittere Art und Weise. Mit dem Abgang von Kruse zum VfL Wolfsburg hat Union seinen absoluten Schlüsselspieler verloren, und damit gefühlt auch den Angriff auf die oberen Ränge abgeblasen.
Noch steht Union auf dem vierten Platz der Bundesliga-Tabelle. Dort zu bleiben wird aber nach diesem Winter-Transferfenster deutlich schwieriger werden. Dass man mit Marvin Friedrich seinen besten Verteidiger abgeben musste, war bitter genug. Doch für ihn hatte Ruhnert mit Dominique Heintz zumindest schon einen ordentlichen Ersatz geholt. Der Verlust des besten Stürmers am Sonntagabend kam gänzlich unerwartet für den Klub aus Köpenick.
Am Dienstag machte der Manager keinen Hehl daraus, dass der Verein von Kruses plötzlichen Wechselwunsch auf dem falschen Fuß erwischt wurde. „Ich weiß nicht, ob ich enttäuscht bin. Mir gefällt der Zeitpunkt nicht“, sagte er. Er habe erst Ende vergangener Woche von dem Spieler selbst erfahren, dass es Interesse aus Wolfsburg geben könnte. „Und dann ist eine Entwicklung hereingekommen.“
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Die Entwicklung war in diesem Fall ein Angebot, das anscheinend weder Kruse noch Union ablehnen konnten. Schon am Sonntag hatte der Spieler von einem „hochdotierten“ Vertrag gesprochen. Zwei Tage später deutete Ruhnert an, dass bei Kruses Gehalt sogar ganz neue Dimensionen erreicht worden sein könnten. „Wenn es nur das Doppelte wäre, würden wir vielleicht nochmal sprechen“, sagte er. Mit solchen Summen kann Union am Schluss noch nicht mithalten. Der Klub halte lieber zu bestehenden Verträgen, meinte Ruhnert, und mit Kruse hatte es noch keine Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung gegeben. Das erste Angebot von Wolfsburg habe man abgelehnt, das zweite angenommen.
So haben Union und Ruhnert das Beste aus der Situation gemacht, und das Geld im Jutebeutel wird mehr als ein kleiner Trost sein. Trotzdem dürften die Träume mancher Union-Fans von einer möglichen Champions-League-Qualifikation nun langsam schwinden, denn in den vergangenen Wochen war es vor allem Kruse, der Union auf den vierten Platz geschossen hat.
Neuzugang Michel sei ein anderer Spielertyp, aber sicher nicht langsamer
„Das kann man nicht wegdiskutieren, dass Max spiele entscheiden kann. Das darf man nicht unterschätzen, das ist eindeutig“, sagte Ruhnert. Auch wenn der Manager mit der Verpflichtung von Paderborns Sven Michel schnell reagiert hat, schmerzt dieser Verlust. „Wir haben einen Linksfuß verloren und wir wollten einen Linksfuß hereinbringen“, sagte er, gab aber zu, dass Michel kein Eins-zu-Eins-Ersatz sei. „Er ist ein anderer Spielertyp, und bestimmt nicht langsamer.“
Vielleicht war das auch ein kleiner Scherz, vielleicht eine einfache Tatsachenaussage. Bei Ruhnert weiß man das manchmal nicht so genau. Aber so oder war die Enttäuschung kaum zu verbergen. Genauso wie das am Sonntag schon Dirk Zingler nicht gelungen war. Der Präsident sprach davon, dass Kruse die Chance aufgegeben hätte, mit Union Geschichte zu schreiben.
Persönlich beleidigt oder nachtragend seien aber weder der Präsident noch der Manager, hieß es am Dienstag von Union-Seite. Und Ruhnert, der sein gutes Verhältnis zu Kruse auch noch einmal betonte, blickte lieber nach vorne. „Geschichte schreiben wir seit einigen Jahren jedes Wochenende neu mit den Spielern, die da sind“, sagte er. „Das haben wir auch vor Max Kruse getan, und das Ziel ist, das weiter zu tun.“