Sander Sagosen will ein Zeichen der Solidarität setzen

So entspannt ging es bei Sander Sagosen lange nicht mehr zu. Zwei Tage hatte der Rückraumspieler des THW Kiel am Anfang der Woche frei, gespielt wurde das letzte mal vor sieben Tagen. Zeit, um in der Sonne Kaffee trinken zu gehen, ein paar Runden über den Golfplatz zu drehen und sich seiner Verlobten zu widmen. Zeit, um sich nicht mit Handball zu beschäftigen.

„Wenn man mal die Möglichkeit hat, muss man das auch genießen”, sagt der Norweger mit einem Lachen. „Das Kalenderjahr ist so vollgepackt mit Terminen, da ist es wichtig, sich auch einmal mit anderen Dingen zu beschäftigen. Das braucht der Kopf.” Doch nicht nur für den Kopf war die Pause wichtig. Gefühlt habe er die letzten zwei Jahre durchgespielt, sagt Sagosen, der zum einen mit dem THW in der Liga und der Champions League konkurriert sowie zum anderen als Nationalspieler regelmäßig auf seine Winterpause verzichtet. Im vergangenen Jahr fiel durch Olympia zusätzlich die Regenerationsphase im Sommer aus.

„Das merkt man schon und macht einen ganz schön fertig”, gesteht Sagosen. Kritiker attestierten dem Handball-Star unlängst eine gewisse Überspieltheit. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass Sagosen beim THW die meisten Feldtore einbringt und seine Mannschaftskollegen ebenso hinsichtlich der Assists überragt. Sicher, seine Fehlerquote ist in manchen Spielen über dem Durchschnitt, aber das bringt seine instinktive und kreative Spielweise eben mit sich.

Nicht umsonst startete im Herbst vergangenen Jahres geradezu ein Ringen um den 26-Jährigen, das letztlich von dem neu aufgebauten Megaprojekt im norwegischen Kolstad für sich entschieden werden konnte und bei dem selbst der finanziell so potente THW Kiel nicht mithalten konnte. Für Sagosen war es eine Entscheidung für die Familie, wie er betont. Eine Entscheidung für Norwegen und um dort etwas Neues aufzubauen – und nicht gegen seinen jetzigen Verein.

Sagosen will immer das Beste aus sich herausholen

Kiel ist seine neue Heimat geworden. Hier konnte er bereits in seinem ersten Jahr die Deutsche Meisterschaft und den Sieg in der Königsklasse feiern, hier sollen bis zu seinem Wechsel 2023 noch weitere Triumphe folgen. „Dafür spiele ich in Kiel. Titel sind immer unser Ziel”, sagt er. Weltstar-Attitüden sind Sagosen fremd. Er will Handball spielen. Er will gewinnen, und immer das Beste aus sich herausholen.

Ganz im Sinne des Rekordmeisters, für den die Titelchancen in diesem Jahr erneut gut aussehen. In der Champions League hat sich das Team von Trainer Filip Jicha als Zweiter in der Gruppe eine gute Ausgangsposition für den weiteren Turnierverlauf gesichert, im DHB-Pokal steht die Mannschaft im Final Four. Einzig in der Liga sind die Aussichten nicht ganz so gut, wie man es im hohen Norden gewohnt ist.

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Mit bereits acht Minuspunkten müssen die Kieler gleich auf mehrere Ausrutscher des Spitzenreiters aus Magdeburg hoffen, um noch eine Chance auf die Meisterschale zu haben. „So souverän wie der SCM gerade spielt, ist das schwer vorstellbar. Wir müssen aber weiter unseren Job machen und da sein. Und dann schauen wir”, sagt Sagosen.

Umso brisanter ist für ihn am Sonntag das Spiel gegen die Füchse Berlin (13.40 Uhr/ NDR, Sky), die nur einen Zähler mehr auf dem Negativkonto stehen haben. „Das ist ein absolutes Top-Spiel, bei dem es um die Champions-League-Qualifikation für die nächste Saison geht.”

Klatschpappen, Peace-Zeichen und LED-Banden

Es ist eine Begegnung, die für beide Mannschaften von enormer Bedeutung ist, und doch soll der Handball an diesem Wochenende aufgrund der Situation in der Ukraine etwas in den Hintergrund rücken. In Absprache mit der Handball Bundesliga (HBL) werden beide Teams in Sondertrikots auflaufen, die nach dem Spiel unterschrieben versteigert werden; der Ertrag wird an wohltätige Institutionen zur Unterstützung der Ukraine gespendet.

Außerdem werden die 6000 Zuschauer in der Ostseehalle mit blau-gelben Klatschpappen ausgestattet, der Mittelkreis durch das Peace-Zeichen ersetzt und auf den LED-Banden wird für Frieden geworben. Das Spiel wird in über 20 Nationen übertragen, das Signal auch an die Ukraine und Russland übermittelt.

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„Ich bin unfassbar stolz, dass wir dieses Statement setzen. Uns ist es wichtig zu zeigen, dass wir hinter der Ukraine stehen”, sagt Sagosen. Der Norweger tut sich schwer, die richtigen Worte zu finden. „Was momentan in der Ukraine passiert, ist krank. Für mich ist es hart, hier in Kiel zu sitzen, wo alles ruhig und friedlich ist und dann dann diese Bilder zu sehen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn das hier passieren würde.”

Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, dass gerade er als Sportler seine Popularität nutzt, um auf die grausamen Vorkommnisse aufmerksam zu machen. „In der Mannschaft sind wir alle eine Einheit, egal wer woher kommt. Und wir alle müssen unsere Stimme erheben und tun was wir können, damit dieser Krieg bald endet”, sagt Sagosen