Ein Museum für Sotheby’s: Das Auktionshaus kauft in New York eine architektonische Ikone
Gerüchte soll es schon längere Zeit gegeben haben, dass das Auktionshaus Sotheby’s das frühere Gebäude des Whitney Museums erwerben wolle. Nun ist es offiziell, dass die seit 40 Jahren in der York Avenue in der Upper East Side ansässige Firma das Gebäude auf der Madison Avenue ebenfalls in der Upper East Side kaufen wird. Ein Kaufpreis verlautete offiziell nicht, aber in der New Yorker Gerüchteküche werden etwas mehr als 100 Millionen Dollar kolportiert.
Die Nachricht ist mehr als eine Meldung aus dem stets überhitzten New Yorker Immobilienmarkt. Denn der Betonbau mit seiner dunkelgrauen Granitverkleidung wurde von keinem Geringeren als dem Bauhaus-Architekten Marcel Breuer entworfen und 1966 als erstes eigenes Gebäude des 1931 gegründeten Whitney Museums für amerikanische Kunst bezogen. Obgleich in der Straßenflucht mit Brandwand zum Nachbarhaus gelegen, fiel das Gebäude mit seinen nach oben immer weiter auskragenden drei Absätzen und den wenigen, wie Schießscharten hervorgestülpten Fensteröffnungen sofort ins Auge. Natürlich ist das „Breuer Building“, wie es seit jeher genannte wurde, ein Denkmal.
Das Metropolitan Museum zahlte acht Millionen Dollar Jahresmiete
Unzählige Ausstellungen hat das Whitney hier veranstaltet, zumal die eigene Biennale, inzwischen wohl die einzige, die von einem einzelnen Museum und nicht einer Stadt veranstaltet wird. Kritik an den Räumlichkeiten hat es immer wieder gegeben, sie seien nicht groß und nicht hoch genug und hätten zu wenig Tageslicht. Geschenkt. Nach der Übersiedlung des Whitney Museums in den von Renzo Piano entworfenen Neubau im Süden Manhattans im Jahr 2015 war das Breuer Building nur mehr temporär genutzt worden. Zunächst mietete es das Metropolitan Museum für dessen zeitgenössische Abteilung, was nicht sonderlich erfolgreich war und zudem mit geschätzten acht Millionen Dollar Jahresmiete während der Pandemie-Zeit ein allzu dicker Brocken. Derzeit dient das „Breuer Building“ als Ausweichquartier für die in Renovierung befindliche Frick Collection.
Mit dem Verkaufserlös kann das Whitney sein Stiftungskapital stärken, das durch den Umzug arg belastet war. Sotheby’s hingegen erhält eine glänzend eingeführte, in aller Kunstwelt bekannte Adresse. Schöner kann man nicht residieren, auch wenn das Gebäude sicher noch umgebaut und an seine neue Zweckbestimmung angepasst werden muss. Der Mietvertrag mit der Frick Collection endet im August 2024, dann übernimmt Sotheby’s, und womöglich bereits im Frühjahr 2025 kann das Auktionshaus neben seinen Versteigerungen auch einen großzügigen Ausstellungsbetrieb anbieten. Der milliardenschwere Eigentümer von Sotheby’s seit 2019, der französisch-israelische Medien- und Telekommunikationsunternehmer Patrick Drahi, dürfte mit diesem Kauf einen wahren Coup gelandet zu haben. 2021 übrigens erzielte Sotheby’s seinen bisherigen Rekordumsatz von 7,3 Milliarden Dollar und eröffnete in Köln seine sechste europäische Niederlassung.