Wie mich Metallica beinahe zu einem Rockstar machte
Noch nie war es so einfach, eigene Kompositionen mit der Welt zu teilen. Produktionssoftware, Streamingplattformen und soziale Medien ermöglichen heute den Weltruhm aus dem Schlafzimmer. Doch trotz modernster Technik wird eines vorerst unersetzbar bleiben: eine funktionierende Band und gutes Songwriting. Wer dafür Hilfe in Form eines Coachings sucht, landet meist bei gescheiterten Musikerexistenzen, die mit Jugendfußballtrainern ein Schicksal teilen: den großen Traum vom Durchbruch können sie nur noch mit dem Nachwuchs verwirklichen. Aber warum mit Losern rumhängen, wenn man auch von Rockstars wie Metallica lernen kann?
Wer als Musiker*in Ambitionen hat, besucht Meisterkurse. Renommierte Künstler*innen geben darin im kleinen Kreis und für viel Geld ihr instrumentelles oder gesangliches Können weiter. 2021 sieht das so aus: Für knapp 200 Euro Jahresbeitrag bietet der Onlineanbieter „Master Class“ Zugriff auf über 100 Meisterkurse. Da lehrt der Rapper Nas dann Storytelling im Hip- Hop, Christina Aguilera gibt Gesangsunterricht und Herbie Hancock vermittelt die Grundlagen des Jazz. Und irgendwo dazwischen lächeln einem vier vertraute Herren entgegen: „Metallica teaches being a band“.
Da ist er also, der feuchte Traum eines jeden verpickelten Teenagers. Endlich Lernen von den Idolen! Intime Einsichten in die Dynamik unter Rockstars! 110 Millionen verkaufte Alben, neun Grammy Awards und ein Platz in der Rock & Roll Hall of Fame sprechen für sich. Ob man nach 15 Unterrichtseinheiten mit einer Gesamtlänge von knapp drei Stunden schon auf dem Weg zum Headliner bei Rock am Ring ist?
Man lernt den korrekten Umgang mit Fans
Metallica fangen bei den Basics an: „From Riff to Song“ heißt die Einheit. Im weiteren Verlauf geht es um die Konzeption eines Albums, den korrekten Umgang mit Fans bis hin zu Ratschlägen für die Liveperformance. Beruhigend, dass auch Sänger James Hetfield gesteht, beim Texteschreiben oft nur Leerzeichen auf das Blatt zu malen, die er dann später mit Begriffen auffüllt. Unterhaltsam, wie Schlagzeuger Lars Ulrich erklärt, dass er mit Gitarrist Kirk Hammett das markante Riff von „Enter Sandmann“ durch eine kleine Umstellung zum Gassenhauer werden ließ.
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Beinahe berührend, dass ausgerechnet die harten Metalheads betonen, wie zerbrechlich das Konzept Band ist. Wie oft auch sie kurz vor dem Aus standen. Kommunikation, erklären sie paartherapeutisch angehaucht, sei der Schlüssel zu allem.
Insgesamt eine clevere Geschäftsidee, aber lässt sich ein Bandgefühl bei einem Cappuccino vor dem Bildschirm vermitteln? Ist es nicht ein elementarer Bestandteil, dass sich gescheiterte Gestalten in muffig riechenden Kellerlöchern über billigem Tankstellenbier gegenseitig anschreien, weil die Gitarre mal wieder viel zu laut ist? Die Entscheidung steht: Nach dem Probemonat ist Schluss. Selbst auf die Gefahr hin, dass die Welt da draußen niemals etwas von den eigenen Ambitionen erfahren wird.