Bahn-Tarifverhandlungen gescheitert: Unbefristeter Streik droht! EVG berät weiteres Vorgehen, Union übt Kritik

Das Bahn-Drama nimmt einfach kein Ende. Nach dem jüngsten Verhandlungsmarathon schien ein Tarifabschluss endlich in greifbarer Nähe. Stattdessen droht nun ein unruhiger Sommer für alle Fahrgäste der Deutschen Bahn.

Es ist der Horror für alle Pendler. Viele hatten Hoffnung, dass die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sich endlich einig werden. Dem ist aber doch nicht so. Darum droht in den kommenden Tagen und Wochen ein unbefristeter Streik.

Unbefristete Streiks drohen! Tarifverhandlungen der Deutsche Bahn und EVG gescheitert

Die Tarifverhandlungen des bundeseigenen Konzerns mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sind gescheitert. Das teilte die Gewerkschaft am Mittwochabend in Berlin mit. “Vor dem Hintergrund der seinerzeit in Fulda beschlossenen Forderungen wurde insbesondere die Laufzeit von 27 Monaten als deutlich zu lang sowie die angebotene Lohnerhöhung als zu niedrig und zu spät bewertet”, teilte die Gewerkschaft mit. Der Bundesvorstand der EVG werde am Donnerstag in Berlin das weitere Vorgehen beschließen.

Außer unbefristeten Streiks ist auch ein Schlichtungsverfahren denkbar. Dabei würden einer oder mehrere Schlichter versuchen, zwischen den streitenden Tarifparteien zu vermitteln. Ein Schlichtungsverfahren ebnete vor einigen Wochen auch den Weg zu einer Lösung im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes.

Die EVG verhandelt seit Ende Februar mit Dutzenden Eisenbahn-Unternehmen über höhere Löhne und Gehälter für insgesamt rund 230 000 Beschäftigte. DerFokus lag dabei auf den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB), dort arbeiten gut 180000 dieser Beschäftigten.

Drohen neue Streiks bei der Deutschen Bahn? EVG verkündete Einigung mit derTransdev-Gruppe

Am Dienstag hatte die EVG eine Einigung mit der Transdev-Gruppe verkündet, zu der Unternehmen wie die Bayerische Regiobahn, die Nordwestbahn oder Transdev Hannover gehören. Auch andere private Bahnunternehmen seien bereit, auf etwa diesem Niveau abzuschließen, teilte die Gewerkschaft mit, und bezeichnete den Abschluss als Maßstab auch für die Verhandlungen mit der DB.

Die Gewerkschaft war ursprünglich mit der Forderung nach 650 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigte bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von 12 Monaten in die Tarifverhandlungen gegangen. Die Bahn hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von zwei Jahren zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollten die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe sollte demnach noch in diesem Jahr anstehen. Angedacht war zudem eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Zahlungen von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfällt.

DB: Gewerkschaft EVG wirft fast fertigen Tarifabschluss weg

Die Deutsche Bahn hat den Abbruch der Tarifverhandlungen durch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG scharf kritisiert. “Die Gremien der EVG sind nicht kompromissbereit. Die Leidtragenden sind unsere Mitarbeitenden und unsere Fahrgäste”, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler am Mittwochabend laut einer Mitteilung. “Die EVG wirft einen fast fertigen Abschluss weg und setzt kurz vor dem Ziel alles auf Null. Eine Einigung war zum Greifen nah, 140 Seiten Tariftext sind bereits fertig. Was jetzt passiert, ist unglaublich.” Kurz zuvor hatte die Tarifkommission der EVG die Verhandlungen für gescheitert erklärt.

Die Deutsche Bahn habe zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen bei 27 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags in Aussicht gestellt, hieß es in der Mitteilung des Konzerns. Mit der Entscheidung der Gewerkschaft seien nun alle Teileinigungen wieder vom Tisch.

“Wir waren bereit, an unsere Grenze zu gehen, damit ein guter, ausbalancierter Abschluss zustande kommt. Denn: Ein echter Kompromiss tut am Ende immer beiden Seiten weh”, sagte Vorstand Seiler. “Die Sommerferien stehen unmittelbar vor der Tür, die Reisenden wollen planen. Und unsere Mitarbeitenden wollen endlich mehr Geld.”

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+++ 22.06.2023: Kritik aus der Union an Bahngewerkschaft EVG – “Maß ist voll” +++

Aus der Union kommt Kritik am Agieren der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG in der Tarifrunde mit der Deutschen Bahn. Fraktionsvize Ulrich Lange sagte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: “Es verwundert nicht, dass die EVG die Verhandlungen platzen gelassen hat. Das ist ein sturer Verein, der die Scheuklappen aufhat und mit dem Kopf durch die Wand will – bei allem Respekt vor der Tarifautonomie.” Irgendwann sei das Maß aber auch einmal voll, sagte der CSU-Politiker. “Ständige Streiks sind doch kein Allheilmittel und treiben die Bahnfahrer, die mit alledem am Wenigsten zu tun haben, in den Wahnsinn.”

Am Mittwochabend hatte die Tarifkommission der EVG die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn für gescheitert erklärt. Es droht nun ein unbefristeter Streik in der Ferienzeit.

Lange bekräftigte seine Forderung nach grundlegenden Reformen bei der bundeseigenen Deutschen Bahn. Anlässlich einer Debatte im Bundestag sprach er von einer “miesen Performance” der Bahn mit unpünktlichen Zügen und Zugausfällen. Es müsse zu einer kompletten Neuaufstellung kommen. Infrastruktur- und Transportbereich der Bahn sollten voneinander getrennt werden. Das Schienennetz solle in eine weisungsgebundene bundeseigene GmbH überführt, die Finanzierung neu aufgestellt werden.

Die Koalition plant Reformen bei der Bahn. Sie soll aber als sogenannter integrierter Konzern erhalten bleiben – es soll keine Trennung von Netz und Betrieb geben.

+++ 22.06.2023: EVG berät weiteres Vorgehen im Tarifkonflikt mit der Bahn +++

Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn berät die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG in Berlin das weitere Vorgehen. Am Donnerstag begann um kurz nach 9.00 Uhr eine Sitzung des Bundesvorstands. Dabei dürfte vor allem über eine mögliche Urabstimmung über unbefristete Streiks oder ein Schlichtungsverfahren diskutiert werden. Möglich sind aber auch andere Szenarien. EVG-Chef Martin Burkert könnte zum Beispiel die Verhandlungen an sich ziehen, um dann mit den Vertretern der DB eine Lösung zu finden.

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rad/news.de/dpa