Alba Berlin gibt die Richtung vor
Niels Giffey hat sportlich eine schwierige Saison bei Zalgiris Kaunas hinter sich, doch am Donnerstagabend war der 31 Jahre alte Nationalspieler glücklich wie in besten Berliner Zeiten. Beim 76:63-Sieg gegen den Olympiazweiten Frankreich im ersten Spiel der Basketball-Europameisterschaft nutzte Giffey seine 18 Minuten auf dem Parkett mit einer enormen Effizienz zu 13 Punkten und vier Rebounds.
Es waren nicht die NBA-Stars Dennis Schröder oder Franz Wagner, die das deutsche Team am Donnerstag zum Auftaktsieg trugen, sondern die Spieler von der Bank. Wie Giffey steuerte auch Maodo Lo 13 Punkte bei, Johannes Thiemann war mit einem mehr sogar Topscorer. Alba Berlin war omnipräsent an diesem ersten EM-Abend.
„Wir haben alle unsere Jahre zusammengespielt. Da klickt es, da weiß man, wer wann wo im Aito-System stehen muss“, sagte Giffey bei Magentasport lächelnd. Der gebürtige Berliner spielte bis 2021 bei Alba und war dort unter der spanischen Trainerlegende Aito Garcia Reneses vier Jahre lang Kapitän. Wagner machte als 16-Jähriger 2018 seine ersten Schritte im Profibasketball bei Alba und Thiemann sowie Lo stehen immer noch beim Deutschen Meister unter Vertrag.
Gemeinsam waren sie gegen Frankreich für 48 der 76 deutschen Punkte verantwortlich. So viel Berlin war noch nie bei einer EM oder WM. „Schöne Grüße an Alba. Da wurde dem deutschen Basketball in den vergangenen Jahren eine andere Richtung gegeben. Das ist schon beeindruckend“, sagte auch Magentasport-Experte Per Günther.
Beeindruckend war auch die Leistung der gesamten deutschen Mannschaft gegen die im Vorfeld favorisierten Franzosen. Besonders defensiv machte es das Team von Bundestrainer Gordon Herbert hervorragend und ließ den Gegner kaum in den Rhythmus kommen. Frankreichs talentiertester Offensivspieler Evan Fournier, der seit zehn Jahren in der NBA spielt und dabei durchschnittlich 14 Punkte pro Spiel erzielt, traf nur zwei seiner zehn Würfe und war überhaupt kein Faktor.
Auch in der Zone ließen die Deutschen um den gerade pünktlich genesenen Daniel Theis gegen die deutlich größeren Center des Gegners nur wenig zu. „Wir haben es ihnen den ganzen Abend schwer gemacht und sie haben nur 63 Punkte erzielt. Das muss unsere Intensität sein für das ganze Turnier“, sagte Theis.
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Offensiv war vor allem die Tiefe des deutschen Teams eine gute Nachricht. Schröder hatte am Ende zwar elf Punkte erzielt, verfehlte aber alle seine sechs Dreier. Zusammen mit Wagner und Big Man Johannes Voigtmann soll der Kapitän die tragende Säule des DBB-Teams bilden, doch am Donnerstag blieben alle drei weitgehend blass. Das galt erst recht für Andreas Obst. Der gefährlichste Distanzschütze des Teams blieb bei null Punkten.
Doch das störte angesichts der grandiosen Leistungen von Thiemann, Lo und Giffey niemanden. „JT hat ein unglaubliches Spiel gemacht, Niels kommt so von der Bank. Man sieht einfach, dass wir zwölf Leute haben, die spielen können“, sagte Theis. Schröder bezeichnete seinen Spielmacherkollegen Lo sogar als „nächsten deutschen Spieler in der NBA“.
Der nächste Gegner Bosnien gewann ebenfalls zum Auftakt
Die Gegenwart heißt aber erst mal Bosnien und Herzegowina. Schon am Samstag (14.30 Uhr, Magentasport) steht das zweite Spiel auf dem Programm und mit einem Sieg könnte das deutsche Team einen großen Schritt in Richtung Endrunde in Berlin machen. Bosnien steht nach dem Auftaktsieg gegen Ungarn ebenfalls bei einer Bilanz von 1:0 und hat durchaus das Potenzial für eine Überraschung in der schwersten Vorrundengruppe der EM, in der am Samstag auch Litauen auf Frankreich und Slowenien auf Ungarn treffen. Mit Jusuf Nurkic haben die Bosnier einen wuchtigen NBA-Center, der offensiv deutlich vielseitiger ist als Frankreichs Rudy Gobert. Dazu kommt mit Flügelspieler Dzanan Musa der MVP der spanischen Liga.
Dennoch geht das deutsche Team vor heimischem Publikum als Favorit ins zweite Spiel und die Gefahr, dass es wie 2013 nach einem Auftaktsieg gegen Frankreich einen kollektiven Kollaps gibt, scheint aufgrund der Vielseitigkeit und Geschlossenheit des Teams eher gering zu sein. „Wir haben die Chance, Deutschland auf die Landkarte zu bringen“, sagte Trainer Herbert nach dem Auftaktsieg ungewohnt offensiv. Bis zur ersten Medaille seit 2005 ist es trotzdem noch ein sehr weiter Weg.