Das DFB-Team möchte die Euphorie der EM mitnehmen
Als Sara Doorsoun zuletzt die Schuhe schnürte für das DFB-Team, lief die 103. Minute und sie wurde im EM-Finale gegen England eingewechselt. Das ist nun etwas über einen Monat her. Nicht viel Zeit, um die bittere Niederlage zu verdauen und trotzdem muss das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nun wieder auf den Punkt da sein. Am Samstag geht es für die deutschen Fußballerinnen in Bursa im vorletzten WM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei (14.45 Uhr, ZDF).
Von einer Rekordkulisse im ausverkauften Wembley-Stadion, getragen von einer Euphoriewelle, nach Bursa und zurück in den Alltag einer Nationalmannschaft: Qualifikationsspiel für die WM, die im nächsten Jahr in Australien und Neuseeland stattfinden wird. Es erscheint schwer, solch ein Spiel genauso ernst zu nehmen wie eines bei der EM, wo ein Highlight-Spiel das nächste jagte.
Doch davon möchte Doorsoun nichts wissen: „Es ist ein WM-Qualifikationsspiel und ein Spiel, das ich versuchen werde, genauso wie jedes andere Spiel zu bestreiten. Wir nehmen jeden Gegner ernst und wollen souverän unsere Aufgabe lösen“, so die Verteidigerin. „Wir wollen unsere beste Leistung auf den Platz bringen, unabhängig von dem Gegner, gegen den wir spielen.“
Es sei ein besonderes Spiel für die 30-Jährige, die türkische Wurzeln hat und am Samstag laut Voss-Tecklenburg von Anfang an dabei sein wird. Damit ersetzt sie die verletzte Martina Hegering in der Innenverteidigung, genauso wie im Finale, nur diesmal von Beginn an.
Neben Hegering muss die Bundestrainerin auf die angeschlagenen Lena Oberdorf und Giulia Gwinn verzichten sowie auf Torhüterin Ann-Katrin Berger, die erneut an Schilddrüsenkrebs erkrankt ist. Dafür sind Fabienne Dongus, Torhüterin Martina Tufekovic, Sjoeke Nüsken und Jana Feldkamp nachgerückt. Ansonsten kann Voss-Tecklenburg auf den gleichen Kader wie bei der EM zurückgreifen, was von Vorteil sein dürfte gegen die Türkei.
Das DFB-Team will auch abseits des Platzes Vorbild sein
Das Hinspiel in Deutschland im April gewann die DFB-Elf deutlich mit 8:0 und möchte nun eine ebenso gut Leistung zeigen. „Wir sind ein bisschen gespannt, wie die Türkei aus dem Hinspiel vielleicht Lehren gezogen hat oder auch verändern und agieren wird“, sagt die Bundestrainerin. „Trotzdem wollen wir dem nicht ganz so viel Relevanz beimessen, sondern bei uns bleiben und alles das, was wir diese Woche an Euphorie entwickelt haben, mit ins Spiel nehmen.“
Unter der Woche hielt das Nationalteam ein öffentliches Training in Frankfurt ab, zu dem rund 2.000 Menschen kamen. So viele waren es noch nie bei einer Trainingseinheit. Die Euphorie in Deutschland scheint also noch immer da zu sein. „Das begleitet uns schon die ganze Zeit, ob das Fanpost ist oder kleine Geschenke“, erzählt Voss-Tecklenburg. „Aber das alles ist nichts wert, wenn wir jetzt nicht die Bereitschaft haben, etwas draus zu machen, etwas zu verändern.“
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Man wolle am Samstag damit anfangen und mit attraktivem Fußball, sowie abseits des Platzes in allen Bereichen Vorbilder sein, um „Strahlkraft nach unten zu bekommen, wo die Probleme und Sorgen ja ganz andere sind als bei uns“. Das sei allen Spielerinnen bewusst und auch die EM sei bei allen noch präsent in Gesprächen untereinander: „Das zeigt mir, dass es immer noch nicht so ganz greifbar und fassbar ist, weil wir mit dieser positiven Reaktion in der Dimension glaube ich nicht gerechnet haben. Vielleicht haben wir uns auch ein wenig selber überrascht mit unserer Leistung.“
Sorgen macht sich Voss-Tecklenburg indes nicht, dass ihr Team das Spiel nicht ernst nehmen könnte. Immerhin geht es darum, sich bereits frühzeitig für die WM zu qualifizieren. Deutschland liegt vor den letzten beiden Qualifikationsspielen drei Punkte und 20 Tore vor Serbien, die aktuell Tabellenzweiter sind.
Trotz der klaren Favoritinnenrolle warnt Voss-Tecklenburg vor dem türkischen Team: „Wir wissen, dass die Türkei eine Mannschaft ist, die sehr stolz ist, die alles reingeben und sich wehren wird mit all ihren Möglichkeiten.“ Trotzdem wolle man nun den Schritt machen, sich direkt zu qualifizieren, um „das, was wir jetzt angeschoben haben, weiter tragen zu können.“