Aktenstudium spart Millionen: Das Geheime Staatsarchiv feiert seinen 100. Geburtstag fast geheim

Vergangene Woche wurde – mit etwa einem Vierteljahr Verspätung – in Dahlem der hundertste Geburtstag des großen Hauses gefeiert, in dem sich das Geheime Staatsarchiv befindet. Hier ist nicht nur die hohe Politik, sondern auch die Regional- und Stadtplanung sowie Staatsarchitektur Preußens und seiner Vorgängerstaaten, Berlins, des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und der Nazizeit dokumentiert.

Geheim ist allerdings gar nichts. Man kann einfach hineingehen und in der Vergangenheit stöbern. Die Findbücher öffnen den Zugang zur „Tektonik“ – nicht zufällig ein Architekturbegriff. Die freundlichen Mitarbeiter helfen auch beim schnellen Lernen unbekannter Schrifttypen.

Hort vieler Akten: das Geheime Staatsarchiv.

© GStA PK

Dass das Datum so unterging im aktuellen Polittrubel, ist eigentlich schändlich. Seit 1910 plante die königliche Regierung Preußens, alle Staatsarchive und -akten in einem Haus zusammenzuführen. Der Architekt Eduard Fürstenau entwarf den monumentalen Hauptbau und ein dahinter stehendes, feuersicheres Magazin sowie eine nette Dienstvilla für die Archivleitung.

Am 26. März 1924 übernahmen die Behörden des demokratisch-republikanischen Preußen den Neubau. Alle großen und viele kleine Zeitungen des Freistaats berichteten, manche sogar im nichtpreußischen Deutschland. Und das neue Preußen brachte in der Eingangshalle des Geheimen Staatsarchivs eine Tafel an, die an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Mitarbeiter erinnert. In den meisten Staaten hängen solche Tafeln auch in Museen und Bibliotheken, den anderen großen Gedächtnisinstitutionen jeden Staats. Denn kein Staat funktioniert ohne Archiv, ohne das auf Millionen von Seiten abgelegte Gedächtnis. 

Um im Geheimen Staatsarchiv Architektur zu entdecken, muss man allerdings findig sein. So gab es vor dem Zweiten Weltkrieg die platzsparende Tradition, Pläne und Zeichnungen von den dazugehörigen Akten zu trennen und separat aufzubewahren. Im Krieg wurde dann ausgerechnet diese Sammlung zum größten Teil zerstört oder ins heutige Russland abtransportiert. Aber es gibt noch die Rechnungsbücher, Genehmigungen, Briefwechsel, Denkschriften, Proteste und Einreichungen, auch mal Zeichnungen in den Akten.

Hier lernt man, wie der Staat Architektur begründet, debattiert, finanziert und baut – was heute für Restaurierungen oder Umbauten von allergrößter Bedeutung sein kann, oft Millionen spart. Es sei denn, die heutigen Bauherren ignorieren die Archivstudien etwa von Historikern oder Denkmalpflegern und bauen gegen ihre Forschungen an. Dann wird’s, siehe Pergamonmuseum oder Staatsoper, schnell langwierig und sehr, sehr teuer. Es lohnt sich, den Akten zu vertrauen.