Lucas Tousart ist endlich wichtig

In der Vergangenheit hat es immer mal wieder wissenschaftliche Untersuchungen gegeben, die den Effekt von Trainerwechseln im Fußball in Zweifel gezogen haben. Wie seriös und verlässlich solche Studien sind, lässt sich schwer sagen. Schließlich weiß niemand, wie sich die Dinge ohne Trainerwechsel entwickelt hätten.

Ein neuer Trainer wirkt, weil er nicht nur andere Ideen mitbringt; er hat auch einen anderen, gleichsam unparteiischen Blick. Im Idealfall beurteilt er nur das, was ist, und nicht das, was gewesen ist. Bei Hertha BSC, sozusagen ein Meister in Sachen Trainerwechseln, lässt sich das im Moment geradezu idealtypisch beobachten.

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Seitdem Felix Magath vor sechs Wochen den glücklosen Tayfun Korkut abgelöst hat, hat sich die Mannschaft in allen entscheidenden Parametern verbessert. Sie läuft und sprintet mehr, sie kassiert weniger Tore; vor allem aber gewinnt sie häufiger, so dass Hertha bereits an diesem Samstag, im Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld (15.30 Uhr, live bei Sky), den entscheidenden Schritt Richtung Klassenerhalt machen kann.

Felix Magath beweist nicht zuletzt mit seinen Mannschaftsaufstellungen, dass er unvoreingenommen an die Sache herangeht. Einige Spieler, die zuvor wenig Beachtung gefunden hatten, weil sie als zu alt/zu schlecht/zu verletzungsanfällig galten, sind zu echten Stützen des Teams geworden. Rechtsverteidiger Peter Pekarik, 35, zum Beispiel, oder Marvin Plattenhardt, 30, am anderen Ende der Viererkette. Kevin-Prince Boateng, 35, natürlich. Aber auch Lucas Tousart, der am Freitag seinen 25. Geburtstag gefeiert hat und zumindest vom Alter her nicht ganz in diese Reihe passt.

Immer neue Gerüchte über seinen Abgang

Mit einer Ablöse von 25 Millionen Euro ist der Franzose immer noch Herthas teuerster Einkauf der Vereinsgeschichte. Er wurde während der Goldgräberphase verpflichtet, kurz nach dem Einstieg des Investors Lars Windhorst, als hochpreisig für Hertha gerade gut genug war. Tousart kam damals vom französischen Spitzenklub Olympique Lyon, dem er im Achtelfinale der Champions League gegen Juventus Turin mit seinem Tor einen 1:0-Erfolg beschert hatte.

Die Erwartungen an Tousart waren entsprechend hoch, blieben aber bis heute weitgehend unerfüllt. Beidseitig übrigens. Dass Hertha in der Fußball-Bundesliga nicht übers Mittelmaß hinauskommt, „das ist nicht wirklich das, weshalb ich hierhingekommen bin“, hat Tousart Ende des vergangenen Jahres dem Portal Sofoot.com gesagt.

Insofern kommt es nicht überraschend, dass es immer wieder Gerüchte gab, der Mittelfeldspieler könne, solle, müsse Hertha wieder verlassen. Zuletzt war das im Winter der Fall, was Fredi Bobic, der Sportchef des Berliner Bundesligisten, allerdings entschieden dementiert hat. Er wisse gar nicht, wie man auf die Idee kommen könne, Hertha wolle Tousart abgeben. Aber auch dieser Tage war wieder die Rede davon, dass der Klub den Franzosen im Sommer loswerden wolle, weil sein fürstliches Gehalt nicht mehr in die Zeit passe.

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Noch vor kurzem hätte es aus der Fanszene vermutlich wenig Widerspruch gegeben, doch das ändert sich gerade. Tousart, der seit dem Sommer 2020 in 57 Pflichtspielen für Hertha zwei Tore erzielt und zwei weitere vorbereitet hat, erhält mehr und mehr Anerkennung für seine Leistungen; dass die Mannschaft in den fünf Spielen unter Trainer Magath drei Mal zu null spielte, liegt auch an ihm.

Zusammen mit Santiago Ascacibar, seinem Nebenmann im defensiven Mittelfeld, war der Franzose zuletzt ein echter Stabilitätsfaktor. Am vergangenen Wochenende, beim 2:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart, entschied er 18 Zweikämpfe für sich, so viele wie kein anderer Spieler auf dem Feld.

Felix Magath setzt auf Tousart

„Für mich war er von Anfang an ein Spieler, auf den ich gesetzt habe“, sagt Magath. Tatsächlich stand Tousart unter ihm jedes Mal in der Startelf, erst als Achter im 4-1-4-1, dann nach der Systemumstellung auf ein 4-2-3-1 als Teil der Doppelsechs, mit der Magath erfolgreich das Zentrum verdichtet.

Tousart lässt inzwischen erahnen, was Hertha einmal in ihm gesehen hat und was ihn zu einem potenziellen A-Nationalspieler im Land des aktuellen Weltmeisters gemacht hat. „Er ist ein kompletter Mittelfeldspieler mit einer sehr guten Einstellung“, sagt Felix Magath. „Vom Charakter her ist er ein echter Mannschaftssportler, außerdem ein sehr guter Fußballer, sehr laufstark, der offensiv wie defensiv arbeitet.“ Lucas Tousart würde – allen wissenschaftlichen Studien zum Trotz – ganz sicher nicht behaupten, dass Trainerwechsel keinen Effekt haben.