Debatte zur Zentral- und Landesbibliothek: Nun versucht es doch wenigstens

Dass die Stadtbibliotheksdirektorin von Köln, Hannelore Vogt, und die Vorsitzende der Berlin-Brandenburgischen Sektion des Deutschen Bibliotheksverbands, Regina Kittler, bei einer Debatte der Stiftung Zukunft Berlin vehement für den Plan von Kultursenator Joe Chialo eintreten, die Berliner Zentral- und Landesbibliothek in den bald leer stehenden Glaspalast des Lafayette-Kaufhauses an der Friedrichstraße einzuziehen – das könnte man noch als übliche Lobbyarbeit verbuchen.

Auch wenn der Blick von Vogt zurück, die von der einst führenden Rolle der Berliner Öffentlichen Bibliotheken schwärmte, die aber seit langem verloren gegangen sei, doch etwas melancholisch stimmte.

Aber bei dieser Veranstaltung plädierten nun auch der Architekt Juan Lucas Young von Sauerbruch Hutton Architekten, der Regionalökonom Lech Suwala und der Stadtplaner Urs Kohlbrenner ähnlich vehement für den Umzug. Kohlbrenner verwies auf die Kriterien seiner Bibliotheksstandort-Untersuchungen von 2008: „Wenn ich einen Großteil der damaligen Argumente anwende – dann ist das Lafayette eine Möglichkeit.“

Zudem sei mit diesem Projekt für die Gesellschaft und die Politik „ein Blumentopf“ zu gewinnen – bei einem Erweiterungsbau für die Amerika-Gedenkbibliothek, der ja auch immer noch im Gespräch ist, ginge alles seinen gewohnten Gang, so Kohlbrenner. Beim Lafayette-Projekt aber seien vollkommen neue Ideen möglich.

Tote Hose am Blücherplatz

Allerdings forderten er und die beiden anderen Planer, auch sofort über den Umgang mit den bestehenden Bibliotheksbauten der ZLB nachzudenken: „Am Standort Friedrichstraße lässt sich vieles denken, auch die ZLB.“ Am Blücherplatz aber, so Kohlbrenner, sei „ohne die Bibliothek erst mal tote Hose“.

Nachnutzungsideen gab es allerdings reichlich: Kittler verwies auf das fertig verhandelte Berliner Bibliotheksgesetz, das eine weit dichtere Versorgung mit Stadtteilbibliotheken fordere. Kulturinstitutionen, Vereine, Künstler boten sich an, man kann auch an wissenschaftliche Institute oder Archive denken. Allerdings müssten diese Bauten, auch darauf wurde verwiesen, saniert werden, und zwar ebenfalls schnell, auch das koste Geld.

Die Summe von 589 für das bibliotheksgerecht umgebaute Lafayette und 640 Millionen für den Ausbau der Amerika-Gedenkbibliothek schreckte die Planer nicht wirklich. Wohl dagegen die Langsamkeit des politischen Prozesses. Dabei ist der Zeitdruck erheblich. Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass nur ein Großinvestor für Shopping-Malls kommen müsse, der mehr Geld biete als Berlin – dass dann als Verlust locker von den Steuerpflichten abgesetzt werden kann, eine der größeren Absurditäten des deutschen Steuerwesens, aber das ist ein anderes Thema – und die Gelegenheit sei vergeben. Urs Kohlbrenner mahnte trotzdem zu „genauen Untersuchungen“ – und dann aber doch auch zu einer zügigen Entscheidung.

Das große Rätsel des Abends blieb also der anhaltende Widerstand aus Teilen der SPD gegen das sonst von den allermeisten Abgeordneten und Fachleuten unterstütze Projekt. Dabei sei es doch, so Kittler, eine ureigene Idee der Sozialdemokratie, gerade die Breitenbildung zu fördern. Die Debatte geht weiter.