4:2-Sieg bei Tuchels Debüt: Bayern dominiert Borussia Dortmund nach Belieben
Der erste Eindruck beim Premieren-Auftritt von Thomas Tuchel an der Seitenlinie des FC Bayern war eher langweilig. Jedenfalls für diejenigen, die sich mehr für die Klamotten des Trainers interessieren als für Fußball. Denn mit der Modenschau ist es erst einmal vorbei, denn Tuchel legt im Gegensatz zu seinem Vorgänger Julian Nagelsmann keinen großen Wert darauf, bei der Arbeit hip gekleidet zu sein, sondern hat es lieber funktional. Bei den Bayern feierte gegen Borussia Dortmund der Trainingsanzug ein Comeback.
Aber sonst war doch vieles wie in den vergangenen Jahren, wenn die beiden besten deutschen Mannschaften in München aufeinandertrafen. Die Bayern gewannen 4:2 (3:0). Sie übernahmen damit wieder die Tabellenführung – und bescherten Tuchel einen gelungenen Einstand. „Es war jedem bewusst, was auf dem Spiel stand heute. Es ist ein sehr guter Start, wir sind Tabellenführer. Das wird uns Ruhe und Vertrauen geben“, sagte Tuchel, der aber auch kritische Worte fand. „Es war ein bisschen zu offen für mich, ein bisschen zu wild. Es war im gesamten Spiel eigentlich zu schlampig, mit zu vielen Ballverlusten. Aber der Wille, als Mannschaft gegen den Ball zu arbeiten, war extrem hoch.“
Die Westfalen begannen dieses Duell selbstbewusst, wieder einmal, aber nach knapp einer halben Stunde war der Plan, sich endlich einmal ein ganzes Spiel lang auf Augenhöhe mit dem Rekordmeister zu begegnen, zunichtegemacht worden. Und das, weil Torhüter Gregor Kobel in seiner ersten Bundesliga-Partie nach längerer Verletzung zunächst ein schweres Missgeschick und dann noch ein kleinerer Patzer unterlief.
Tuchel hatte „eine sehr unfaire Aufstellung“ angekündigt, „weil die Eindrücke fehlen“. Aber der neue Bayern-Trainer hatte ganz intuitiv zumindest eine sehr nachvollziehbare Aufstellung gewählt – und es offensichtlich geschafft, der Mannschaft schon ein wenig Disziplin und Ordnung beizubringen. Die Viererkette mit einem etwas defensiveren Alphonso Davies als zuletzt unter Nagelsmann wirkte nicht nur in der druckvollen Dortmunder Anfangsphase gut strukturiert.
Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Mann der Grund ist, dass wir hier als Tabellenführer angetreten sind.
Edin Terzic, Trainer von Borussia Dortmund, über seinen Torwart Gregor Kobel.
Dortmunds Trainer Edin Terzic hatte sich akribisch auf diesen brisanten Bundesliga-Gipfel vorbereitet. Weil er nicht genau wusste, „ob Thomas Tuchel an Julian Nagelsmann anknüpft oder eine komplett neue Idee einbringt“, waren nicht nur die Bayern-Spiele analysiert worden, sondern auch gleich noch ein paar von Chelsea von vor zwei Jahren, als Tuchel den Londoner Klub gerade übernommen hatte.
Gregor Kobel patzte doppelt im Tor
Für Terzic war vor der Reise nach München „nicht abzusehen, was auf uns zukommt“. Auf jeden Fall hat er nicht damit gerechnet, was in der 13. Minute passierte. Der Münchner Verteidiger Dayot Upamecano schlug aus dem eigenen Strafraum einen langen Ball nach vorne, zu weit eigentlich. Kobel kam aus seinem Kasten, um den nächsten Angriff der Dortmunder aufzubauen, aber der Torhüter schlug über den Ball, der weiter Richtung Tor und dann über die Linie zum 1:0 für die Münchner trudelte. „Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Mann der Grund ist, dass wir hierher als Tabellenführer angetreten sind“, stärkte Terzic seinem Schlussmann den Rücken. „Wir haben Gregor Kobel viel zu verdanken.“
Nur vier Minuten später verlängerte Matthijs de Ligt einen Eckball per Kopf zu Thomas Müller, der aus kurzer Distanz zum 2:0 traf. Wie schon beim ersten Tor sah Tuchel keinen Grund, euphorisch aufzuspringen. Er blieb fast stoisch auf der Bank sitzen, nahm erst die Glückwünsche seiner Assistenten an, ehe er aufstand und das Signal an die Mannschaft gab, nicht locker zu lassen.
Dass in der 23. Minute noch das 3:0 fiel, war nicht der großen Münchner Spielkunst geschuldet. Leroy Sané prüfte den BVB-Torhüter mit einem Distanzschuss, Kobel konnte den Ball nicht festhalten, und Müller staubte ab. Und als ob der BVB nicht schon genug mitgemacht hatte, musste kurz vor dem Pausenpfiff auch noch Nico Schlotterbeck verletzt vom Platz, ihn ersetzte der Ex-Münchner Mats Hummels.
Der BVB kam mit der Absicht aus der Kabine, sich keineswegs schon geschlagen zu geben, aber die Bayern spielten nicht mit. Kingsley Coman besiegelte in der 50. Minute mit dem 4:0 die Niederlage der Westfalen, die anschließend Glück hatten, nicht noch mehr Gegentore zu kassieren. Denn der FC Bayern überzeugte in der zweiten Halbzeit auch spielerisch, wurde aber gegen Ende der Partie etwas nachlässig. Mit dem 1:4 von Emre Can per Foulelfmeter (72.) und dem 2:4 durch Donyell Malen gab es doch noch Schönheitsfehler bei Tuchels Einstand.
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