Zu schön für grobe Treter
Endlich ist das Reisen wieder möglich. Koffer, Taschen und Beutel werden gepackt. In der Serie geht es um unsere liebsten Gepäckstücke. Bisher erschienen: Rollkoffer (30. 6.), Trekkingrucksack (6. 7.), Ikea-Tasche (9. 7.), Kofferbandchaos (13. 7.), Super-Skoda (15. 7.). Anzugrucksack (19.7.), Shopper-Tasche (21.7.), Duffle Bag (27.7.)
Wann immer es auf Reisen geht, sind Schuhe das Problem: zu sperrig und zu viele. Nur ein, zwei, drei Paare reichen einfach nicht. Feste Schuhe, Sneakers, Sandalen, Schläppchen – am liebsten würde ich alle mitnehmen. Schließlich soll für jedes Wetter, jede Gelegenheit das Passende dabei sein. Reisen wir im Auto, kommen sie alle zusammen in den ganz großen Beutel, die praktische Ikea-Tasche. Reise ich alleine mit Koffer, wird es komplizierter: Welches Paar darf mit? Welches ist entbehrlich? Welches trage ich auf der Reise?
Experten raten, unterwegs das schwerste Paar anzuhaben. Das ist nicht nur praktisch gedacht aus Gründen des Gewichts, sondern kommt auch meinen zarten Gefühlen gegenüber meinem Lieblings-Schuhbeutel entgegen. Der ist einfach zu schön für grobe Treter. Die rot-blaue karierte Tasche mit den adretten weißen Schnüren ist ein Geschenk meiner Freundin Susanne, in dem sich einst Pantoffeln aus dem gleichen Stoff befanden. Auf denen entschwebte sie dann zu ihren eigenen Reisen.
Mir blieb die Tasche, die auch fortan nur Feines bewahren sollte, so mein Plan. Nichts möge das Utensil von innen beschmutzen; auch wenn es eigentlich genau dafür gemacht ist, Duft und Dreck von den anderen Kleidungsstücken im Koffer fernzuhalten. Es ist ein weiterer Konflikt beim Packen – setze ich den schicken Schuhbeutel nun ein oder lieber eine der zahllosen Leinentaschen, die einem überall mitgegeben werden? Meist ist er dabei. Zerknautscht der edle Beutel die Wäsche durch das Gewicht seines Inhalts, wie das nun einmal im Koffer passiert, in dem alles zusammengedrückt wird, dann war es wenigstens stilvoll.
Natürlich geht es auch anders. Packprofis empfehlen stabile Schuhtaschen mit Reißverschluss und Sichtfenster, dazu getrennte Abteilungen für den einzelnen Schuh. Aber das ist nur etwas für Reisende mit großem Gepäck. Oder ganz smarte Geschäftsleute wie Isabelle Harviewatt, chief executive und country manager einer itatlienischen Medienagentur. Sie verriet dem Wirtschaftsmagazin „The Executive“ bei einer Umfrage, dass sie ihre Wäsche immer in einer Tragetasche unterbringt, die Schuhe dagegen in den Trolley verlädt. Da geht dann schon das ein oder andere Paar mehr mit.
Aber egal wie – ob in der Tragetasche oder im Trolley, aufgegeben oder im Handgepäck –, business traveller raten zum eigenen Schuhfutteral, lautete das Ergebnis der Befragung von „The Executive“. Diesen Tipp scheinen vor allem Hotelgäste zu beherzigen. So steht der Schuhbeutel nach Bademantel und Regenschirm auf Platz drei der aus Hotelzimmern am meisten gemopsten Gegenstände. Da hilft auch keine höflicher Hinweis, dass die Teile an der Rezeption käuflich zu erwerben sind. Der kleine Fußraub steigert offensichtlich den Spaß am Souvenir.
Umgekehrt musste Puma vor einigen Jahren seinen umweltfreundlichen Versuch, die Schuhkartons durch „Clever Little Bags“ zu ersetzen, wieder aufgeben. Die wollte keiner – zu unpraktisch beim Zurückpacken nach der Anprobe und beim Stapeln im Laden. Vielleicht lag es auch an der Farbe, einem knalligen Rot. Mit einem dezenteren Muster, zum Beispiel rot-blau kariert wie mein Lieblingsbeutel, das Ganze aus schmeichelndem Material, dazu weiße Schnüre, wäre das bestimmt nicht passiert.