Zurück zur alten Ordnung: Tjark Ernst ist wieder die Nummer eins bei Hertha BSC

Das Stadion grummelte. Leichte Unmutsbekundungen waren aus der Kurve zu vernehmen, vereinzelte Pfiffe sogar. Und auch Fabian von Wachsmann, der Stadionsprecher von Hertha BSC, sprach es klar und deutlich aus. „Das ist die falsche Aufstellung“, sagte er.
Als Kritik an Stefan Leitl, dem neuen Trainer des Berliner Fußball-Zweitligisten, und dessen Personalauswahl für das Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg war das explizit nicht zu verstehen. Es war lediglich eine Feststellung, nachdem auf den beiden Videoleinwänden im Olympiastadion ein Foto von Marius Gersbeck zu sehen gewesen war. Dabei stand der gar nicht in der Startelf. Gersbeck saß gegen Nürnberg nur auf der Bank.
Fünf Spiele war er Herthas Nummer eins gewesen. Der Wechsel auf der Torhüterposition, von Tjark Ernst zu Marius Gersbeck, war so etwas wie der letzte Versuch von Trainer Cristian Fiél, seiner kriselnden Mannschaft noch einmal einen neuen Impuls zu geben. Tatsächlich aber eröffnete er damit eine zusätzliche Baustelle, die nur zu weiterer Unruhe führte.
Stefan Leitl, Fiéls Nachfolger, hat nun bei erster Gelegenheit den alten Zustand wiederhergestellt. „Es war ein Bauchgefühl“, erklärte Herthas neuer Trainer seine Entscheidung. Viel vorwerfen konnte man Gersbeck in den Wochen als Nummer eins nicht. Er habe das gehalten, was man habe halten können, sagte auch Leitl. „Aber ich wollte was ändern.“
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Ein Trainerwechsel bringt immer neue Varianten mit sich. Da war mir schon klar, dass da wieder ein Switch passieren kann.
Herthas Torhüter Tjark Ernst
Tjark Ernst, 21, erfuhr erst am Morgen des Spieltags, nach der sogenannten Aktivierung, dass er am Abend zwischen die Pfosten zurückkehren werde. Überrascht sei er davon nicht gewesen, erklärte er nach dem 0:0 am Freitagabend gegen den 1. FC Nürnberg. „Ein Trainerwechsel bringt immer neue Varianten mit sich. Da war mir schon klar, dass da wieder ein Switch passieren kann.“
Überrascht hatte ihn eher Fiéls Entscheidung, ihn zur Nummer zwei zu degradieren. „Damit habe ich so nicht gerechnet“, sagte Ernst. „Aber es ist, wie es ist. Und es ist jetzt auch Vergangenheit.“
Zum Rückrundenauftakt beim SC Paderborn, bei Herthas einzigem Sieg des Jahres 2025, hatte Ernst wegen muskulärer Probleme passen müssen. Gersbeck, 29, feierte sein Saisondebüt. In der Woche darauf war Herthas Stammtorhüter wieder fit, trotzdem beließ es Fiél bei der neuen Rangfolge und erklärte dies mit der größeren Erfahrung Gersbecks.
Wechsel auf der Torhüterposition sind eher die Ausnahme als die Regel. Bei Hertha aber war das zuletzt anders – wenn es auch längst nicht so wild zuging wie in der Saison 1969/70 unter Fiffi Kronsbein. Herthas Trainerlegende hielt seine beiden Torhüter Gernot Fraydl und Volkmar Groß für nahezu gleichstark und wechselte deshalb munter hin und her. Nach jeweils zwei Einsätzen kam der andere dran.
Hohe Fluktuation auf der Torhüterposition
Es ist lange her, dass Hertha zuletzt mit nur einem Torhüter durch eine Saison gekommen ist. 2016/17 war das. Damals bestritt Rune Jarstein alle 34 Ligaspiele. In der vergangenen Spielzeit hingegen kamen bei den Berlinern gleich vier Torhüter zum Einsatz: Oliver Christensen, Tjark Ernst, Robert Kwasigroch und Marius Gersbeck.
Anders als in dieser Saison waren dafür allerdings keine Formgründe ausschlaggebend. Christensen, die ursprüngliche Nummer eins, wechselte kurz nach Beginn der Zweitligasaison zum AC Florenz; Gersbeck und Kwasigroch spielten, als Ernst krank beziehungsweise verletzt war.
Auf die Rückstufung Anfang des Jahres reagierte Ernsts Berater öffentlich mit Unverständnis, sogar ein kurzfristiger Wechsel des U-21-Nationaltorhüters stand im Januar zur Debatte, obwohl sein Vertrag bei Hertha erst im Herbst bis 2027 verlängert worden war.
Ernst selbst nahm die Angelegenheit sportlich. „Man muss immer da sein. Es kann immer was passieren“, sagte er nach seiner Rückkehr ins Tor. „Ich habe mich die ganze Zeit voll reingehauen, in den letzten Wochen im Training Vollgas gegeben und sehr hart gearbeitet.“ Das bestätigte auch Herthas Sportdirektor Benjamin Weber: „Er hat sehr gut weitertrainiert.“
Viel zu tun bekam Ernst bei seiner Rückkehr ins Tor nicht. Erst kurz vor Schluss musste er einmal eingreifen. Er vereitelte die einzige echte Chance der Nürnberger und sicherte seinem Team damit das erste Zu-null-Spiel in diesem Jahr. „Das hatten wir jetzt auch nicht so oft in dieser Saison“, sagte Ernst – zuletzt zum Abschluss der Hinrunde, als er letztmals für Hertha im Tor gestanden hatte.
Wenn bis zum Saisonende nun nichts Außergewöhnliches mehr passiert, wird es auf der Torhüterposition bei der neuen alten Rangordnung bleiben. „Tjark spielt – solange er nicht gesperrt oder verletzt ist“, sagte Leitl. Herthas Trainer bescheinigte Ernst eine sehr souveräne Leistung, auch wenn er nicht wirklich geprüft worden sei. „Mein Bauchgefühl hat sich bestätigt“, sagte er.