Wirtschaftliche Rahmenbedingungen müssen verbessert werden: Wulff sieht Tagespresse ist wie Grundnahrungsmittel

Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff plädiert für veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Presseverlage. Das Kartellrecht sollte gelockert, Konsolidierungen müssten begünstigt, nicht behindert werden, sagte Wulff am Dienstagabend in Frankfurt am Main bei der Verleihung des „Wächterpreises der Tagespresse“ der Stiftung „Freiheit der Presse“. Wenn die Zeitungen erhalten blieben, „dann erhalten wir die Dialogfähigkeit in der Gesellschaft“, sagte Wulff.

Freier Journalismus

Ein freier, couragierter Journalismus sei für eine freie Gesellschaft grundlegend. Der Journalismus mache die Gesellschaft transparent und decke Missstände auf, etwa die Missbrauchsskandale, die Steuerflucht durch die Panama-Papers und das rechtsextremistische Netzwerk des NSU. Aber der freie Journalismus komme nicht von allein und sei auch nicht von allein auf Dauer.

„Ich glaube, dass wir für Branche der Medien viel mehr tun müssen, auch mit Geld“, sagte Wulff. Werbegeld fließe nur in bestimmte Mediensegmente, „mich besorgt, dass Zeitungen von Menschen unter 30 kaum noch gelesen werden“. Wulff betonte: „Zeitungen sollten kein Luxusgut sein, sie sollten allen Menschen zur Verfügung stehen. Zeitungen sind Grundnahrungsmittel.“ Es sei empörend, dass es in Deutschland noch kein Maßnahmenpaket gebe, das seriöse Nachrichten für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich mache, sagte der frühere Bundespräsident.

Drei Preise

Den mit 10.000 Euro dotierten ersten Preis des Wächterpreises erhielt der Chefkorrespondent des „Kölner Stadt-Anzeigers“, Joachim Frank. Die Jury ehrte seine umfassende Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Erzbistum Köln. Der mit 6.000 Euro dotierte zweite Preis wurde an Gunter Held, Lokalredakteur der Zeitung „Neue Westfälische“ aus Bielefeld, verliehen. Er habe „einfühlsam und mit gebotener Distanz“ einen Sorgerechtsstreit begleitet und sei dabei der Frage nachgegangen, ob beim Jugendamt des Kreises und vor Gericht tatsächlich das Kindeswohl im Mittelpunkt steht, lobte die Jury.

Nina Gessner, Redakteurin der „Hamburger Morgenpost“, erhielt den mit 4.000 Euro dotierten dritten Preis für ihre Berichterstattung über Vetternwirtschaft in der Hamburger Finanzbehörde. Als Folge ihrer Arbeit habe der Finanzsenator die Vergabe eines millionenschweren Auftrags zurückgezogen, hieß es.

Der Wächterpreis wird seit 1969 für kritische und investigative Berichterstattung über Korruption, Missstände und Missbrauch verliehen. Vergeben wird er von der Stiftung „Freiheit der Presse“, die von den Verlegerverbänden getragen wird. Vorsitzender der Preisjury ist Moritz Döbler, Chefredakteur der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. (epd)