Freiluftkonzerte: Klassik mit Cabrio-Feeling

Eigentlich braucht klassische Musik ja ihre eigenen vier Wände, um sich richtig entfalten zu können. Und ein Dach über dem Kopf. Denn nur, wenn die Schallwellen, die von den Instrumenten abstrahlen, auf Widerstände treffen, also in ihrer Ausbreitung gebrochen, reflektiert werden, kann ein natürlicher Raumklang entstehen.

Bei Open Air-Aufführungen dagegen schießen die Töne unkontrolliert in die Luft. Darum geht draußen meist nichts ohne technische Verstärkung und Lautsprecheranlagen. Für das Vergnügen, bei hoffentlich schönem Wetter Musik unterm Himmelszelt zu hören, muss man also akustische Abstriche machen. Dafür wird man mit klassischem Cabrio-Feeling belohnt.

Staraufgebot in der Waldbühne

Die Berliner Philharmoniker treten seit 1984 regelmäßig in der Waldbühne auf, beim – leider schon ausverkauften – Saisonabschlusskonzert an diesem Samstag sind der Dirigent Andris Nelsons und der Wagner-Tenor Klaus Florian Vogt mit von der Party-Partie.

Tickets gibt es noch für die weiteren Klassik-Events in der Waldbühne: Jonas Kaufmanns Arienabend „Unterm Sternenzelt“ am 8. Juli, Lang Langs Hommage an die Songs aus den Disney-Filmen am 22. Juli sowie Daniel Barenboims traditionelles Tourneekonzert mit seinem West-Eastern Diwan Orchestra am 19. August.

Ausfallen muss in diesem – und auch im nächsten – Sommer dagegen das traditionelle „Classic Open Air“ auf dem Gendarmenmarkt. Denn Berlins schönste Piazza bekommt eine neue Pflasterung – als Vorzeigeprojekt für den klimaresilienten Stadtumbau. Jeder Tropfen Regenwasser wird hier künftig aufgefangen, neue, hitzeresistente Bäume werden gepflanzt – und auch der Kabelsalat der Außengastronomie verschwindet unter der Oberfläche.  

Einen ganz neuen Ort haben sich die Berliner Symphoniker für ihren nachmittäglichen Freiluftauftritt am 16. Juli ausgesucht: den Aaron-Bernstein-Platz an der Oranienburger Straße auf dem Tacheles-Gelände. Das war in der ersten Nachwendezeit ein Abenteuerspielplatz für Künstler aller Couleur und wird nun zum Wohn- und Bürokomplex für Menschen mit sehr viel Geld überformt.

Gleich um die Ecke des neuen Quartierplatzes, in der Johannisstraße, stand die Synagoge der Jüdischen Reformgemeinde. Mit Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Gustav Mahler, aber auch mit Emmerich Kalmans „Czardasfürstin“-Ouvertüre und Liedern von Willy Rosen erinnern die Berliner Symphoniker am 16. Juli daran, dass die Synagoge vom 1934 bis 1937 als Veranstaltungsort des Jüdischen Kulturbunds diente.