Schormann-Rücktritt aus Sicht des Zentralrats der Juden „viel zu spät“ erfolgt
Der Rücktritt von Documenta-Chefin Sabine Schormann war aus Sicht des Zentralrats der Juden in Deutschland ein „überfälliger Schritt, der viel zu spät kommt“. Die Weltkunstausstellung in Kassel, „aber noch viel schlimmer, das Ansehen der Bundesrepublik hat durch das unverantwortliche Handeln immensen Schaden genommen“, teilte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, am Sonntag mit.
Das Problem mit der Documenta fifteen sei aber nicht ausgestanden, es seien noch sehr viele Schritte zu gehen, so Schuster. Verantwortungsträger müssten nun einen kritischen Blick in alle vom Bund getragenen und geförderten Kultureinrichtungen werfen.
Schormann hatte am Samstag nach dem Antisemitismusskandal um die Präsentation des Großbanners „People’s Justice“ mit judenfeindlichen Motiven ihr Amt als Generaldirektorin der Kunstausstellung niedergelegt
Aufsichtsrat und Gesellschafter hatten sich auf die Auflösung ihres Dienstvertrags verständigt.
Nach Kulturstaatsministerin Claudia Roth und dem Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung Felix Klein begrüßten zahlreiche weitere Politiker und Kulturexperten den Rückzug von Schormann.
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Der kulturpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Helge Lindh, bezeichnete in der „Welt am Sonntag“ die Auflösung ihres Dienstvertrages als „überfälligen Befreiungsschlag aus einem Teufelskreis von Missmanagement und Misskommunikation“.
Linda Teuteberg, bei der FDP-Bundestagsfraktion zuständig für jüdisches Leben, reagierte ebenfalls positiv auf die Abberufung. „Der Antisemitismus-Skandal der Documenta ist einer mit Ansage und weist über die Kunstschau hinaus: Israelbezogener Antisemitismus ist wie jede Erscheinungsform des Antisemitismus inakzeptabel, Verharmlosungen unter Verweis auf den ,globalen Süden’ ebenso.“
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger forderte eine Prüfung der Kunstwerke auf der Documenta. Erhard Grundl, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, sieht mit dem Rücktritt nun den Weg freigegeben, „endlich konstruktiv die Debatte darüber führen zu können, wie es zur Ausstellung antisemitischer Bilder auf der Documenta fifteen kommen konnte“. Die Debatte sei überfällig und entscheidend, „gerade weil wir die Documenta als eine der wichtigsten Kunstausstellungen der Welt erhalten müssen“.
Wie berichtet, hatte der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle nach einer offenbar bis in die Nacht dauernden Sondersitzung am Freitag tags darauf bekanntgegeben, man habe sich einvernehmlich auf den Rücktritt von Sabine Schormann beschlossen. Die seit 2018 als Documenta-Generaldirektorin tätige Kulturmanagerin hatte bis zuletzt alle Vorwürfe abgestritten. dpa/Tsp