Wie Wolfgang Petersen mir half, ein Filmstar zu werden
Wolfgang Petersen und ich teilen denselben Jahrgang, 1941. Er war drei Monate älter als ich, ich bin am 10. Juni geboren. In diesem Jahr rief er mich an diesem Tag aus Kalifornien an. Davon, dass er schwer krank war, an Bauchspeicheldrüsenkrebs litt, sagte er nichts. Deshalb hat mich die Nachricht, dass er gestorben ist, von den Füßen gehauen.
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Unsere Zusammenarbeit begann, als wir 1972 den Tatort „Jagdrevier“ drehten. Ich war gerade von Peter Zadek ans Bochumer Schauspielhaus geholt worden. Klaus Schwarzkopf, Kommissar Finke in den NDR-Krimis, hatte mich bei Petersen empfohlen. Ich spielte einen Strafgefangenen, der aus der Haft entkommt. Später sagten wir immer: Wir haben einen Western in Schleswig-Holstein gedreht.
Es begann mit einem „Tatort“
Als Theatermensch hatte ich mir nicht träumen lassen, dass ich mal Filmschauspieler werden würde. Wolfgang hat viel dazu beigetragen, er hat mir gezeigt, wie man vor der Kamera agieren muss, was eine Großaufnahme ist. Wenn wir am nächsten Tag die Muster vom Dreh in einem Kino sahen, motivierte er das Team und die Schauspieler, sagte: Das war toll, könnte man aber noch besser machen.
Als Wolfgang Petersen mir die Hauptrolle im Film „Die Konsequenz“ anbot, hatte ich Bedenken. Ich sollte einen Homosexuellen spielen und wusste nicht, ob ich mir das zutraue. Aber Wolfgang schickte mir das Drehbuch und überzeugte mich. Bei den Dreharbeiten stand er immer neben der Kamera, beobachte genau, es gab noch keine Monitore, hinter denen sich die Regisseure heute meist verschanzen.
Vor Kurzem habe ich den Film noch einmal gesehen, zum ersten Mal nach 45 Jahren. „Die Konsequenz“ ist ein Film, der Wolfgangs große Sensibilität und Menschenkenntnis bezeugt, ganz anders als die Actionhits, die er später in Hollywood inszenierte. Ich bin ein „Unzüchtler“, der wegen des Paragrafen 175 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wird.
Damals war der Film ein großes Wagnis, es kam zum Eklat, als der Bayerische Rundfunk sich bei der Fernsehausstrahlung ausschaltete. Weil sie dachten, dass man eine homosexuelle Liebe den Zuschauern nicht zumuten könne. Zum Glück kam der Film dann ins Kino und lief auch in Bayern. Er wurde gefeiert, ich bekam den Deutschen Darstellerpreis.
„Das Boot stand auf der Kippe“
Vier Jahre später, 1981, hat sich der Ruhm noch gesteigert, als „Das Boot“ ein Welterfolg wurde. Womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten. Die Dreharbeiten dauerten ein ganzes Jahr, zwischendurch stand der Film mehrfach auf der Kippe. In La Rochelle mussten wir die Arbeit abbrechen, weil das Boot, das für die Außenaufnahmen nachgebaut worden war, in einem Sturm zerstört wurde.
Zwei Wochen ging gar nichts, wir fuhren zurück nach München und machten mit dem weiter, was vom Boot übrig geblieben und zusammengeflickt worden war. „Das Boot“ verlangte eine ungeheure Logistik, dafür war Petersen ein Superregisseur
Wolfgang konnte Teams führen und antreiben, sie dazu bringen aus einer Fünf- eine Sechstage-Woche zu machen, zum Schluss arbeiteten wir auch noch am Sonntag. Er besaß Charisma, war eine ausgesprochene Verführungspersönlichkeit. Zugleich kein Diktator, sondern ein liebenswürdiger Mensch.
„Das Boot“ brachte uns beide nach Hollywood. Petersen drehte in Deutschland noch die „Unendliche Geschichte“, dann in Amerika den Thriller „Enemy Mine“. Ich bekam von Michael Mann ein Angebot, machte mit ihm den Horrorfilm „The Keep“ und bald darauf mit David Lynch den „Wüstenplanet“. Damals ein Flop, heute ein Klassiker.
Mit Petersen habe ich in Amerika noch einmal zusammengearbeitet. Er rief mich 1996 an und traute sich erst gar nicht, mich zu fragen. Es ginge um eine Rolle, für die sie eigentlich gar kein Geld hätten. Das war „Air Force One“, der Actionthriller mit Harrison Ford und Glenn Close, in dem die Maschine des US-Präsidenten von Terroristen entführt wird. Ich hatte einen kleinen Part als Oberschurke, der Diktator eines Post-Sowjetstaats, den die Amerikaner verhaftet hatten.
Einmal lud Wolfgang mich ins Filmstudio ein und stellte mich Clint Eastwood vor, mit dem er „In the Line of Fire“ machte. In Los Angeles haben wir einige Jahre in derselben Nachbarschaft gelebt, in Brentwood. Wir gingen öfter miteinander essen. Wolfgang war ein großartiger Freund, ich bin dankbar für die vielen Tage und Stunden, die ich mit ihm verbringen durfte. (Protokoll: Christian Schröder)