Katja Blomberg verlässt vorzeitig Berlins interessantesten Kunstort im Süden
Ein Abschied, wie man ihn nach 16 Jahren Leitungstätigkeit an einer Institution wohl niemandem wünschen würde. Am Montagabend ging die Pressemeldung raus, dass Katja Blomberg das Haus am Waldsee vorzeitig verlässt, genauer: acht Monate vor Ende ihres offiziellen Vertrags. Regulär war die Stelle der Direktor:in zum 1. Juni schon länger ausgeschrieben.
Zwischen der 65-jährigen Kunsthistorikerin und dem Trägerverein, dessen Vorstand im vergangenen Sommer gewechselt hatte, scheint es allerdings in der Schlussphase zu solchen Uneinigkeiten gekommen zu sein, dass sich die Wege abrupt trennen mussten.
Die jetzige Ausstellung mit Zeichnungen von Tony Cragg hat Katja Blomberg schon nicht mehr selber eingerichtet, auch wenn die Konzeption der Schau und der Katalog noch von ihr stammen. Die Eröffnung fand zur Berlin Art Week statt. Für den britischen Bildhauer, der Anfang der Nuller Jahre eine Professur an der Universität der Künste innehatte, war es eine kleine Heimkehr.
Worum es bei den Differenzen geht, sagt keine der Parteien
Worum es bei den Differenzen geht, warum auf die letzten Meter ein Auskommen zwischen den Parteien nicht mehr möglich war, darüber wollen weder die ausgeschiedene Chefin noch der Trägerverein sprechen. Aus rechtlichen Gründen, wie das bei personellen Hakeligkeiten üblich ist.
Auf die aktuelle Lage des Ausstellungshauses im Süden der Stadt, das nun vorübergehend von Geschäftsführer Tobias Bader geführt wird, wirft dies allerdings kein gutes Licht, gleichwohl stand es in den letzten Jahren glänzend da. In der Pressemitteilung heißt es entsprechend anerkennend für die Leistungen Katja Blombergs, dass sie der infolge der Berliner Bezirksreform 2005 von Schließung bedrohten Institution wieder aufgeholfen habe. Ihrer Nachfolge hinterlasse sie ein Feld, das nicht besser bestellt sein könne.
Tatsächlich hat sich Berlins ältestes Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst in der Ägide Blomberg wieder zu einer wichtigen Adresse entwickelt, die sich auch gegen die neue Zugkraft von Berlins Mitte behaupten konnte. Die einstige Villa des jüdischen Regenmantelfabrikanten Hermann Knobloch, in die sich 1942 die Reichsfilmkammer einquartiert hatte, war nach Kriegsende der erste öffentliche Ort, an dem in Berlin wieder Kultur stattfand: mit einem Konzert der Berliner Philharmoniker und ab 1946 mit Ausstellungen. Die erste war Käthe Kollwitz gewidmet.
Blomberg zeigte namhafte Künstler als erste Institution Berlins
Mit Katja Blomberg als sechster Leiterin richtete sich das Programm nochmals aktueller aus. Sie zeigte Künstler:innen der Stadt, die international zwar bereits einen Namen besaßen, aber vor Ort von den Institutionen kaum gewürdigt worden waren. Björn Melhus, Carla Guagliardi, Corinne Wasmuht, Olav Christopher Jenssen wurden dem Berliner Publikum dadurch erstmals umfangreich bekannt, für Künstlerinnen wie Valérie Favre oder Christiane Streuli schlossen sich nach ihrem Auftritt im Haus am Waldsee Berufungen an Berliner Kunsthochschulen an.
Zum größten Publikumserfolg wurde 2007 die Henry-Moore-Ausstellung mit 35 000 Besucher:innen, gefolgt von der Schau Norbert Biskys mit 25 000 Besucher:innen. Parallel dazu bestellte Katja Blomberg den bis zum Waldsee reichenden 10 000 Quadratmeter umfassenden Garten und richtete darin einen Skulpturenpark ein.
So viel ist noch klar: Auf Tony Craggs Schau folgt Konstantin Grcic
Ihre größte Tat aber war die Sanierung des Gebäudes in den Jahren 2017 und 2018, zu der neu ein rekonstruierter Flügel hinzukam, in dem sich heute das Café befindet. Aktuell wird der Park saniert, der sich ebenso wie das Haus unter Denkmalschutz steht. Bis ins nächste Jahr hinein wird die Institution noch die Handschrift ihrer bisherigen Leiterin tragen.
Nach den Zeichnungen von Tony Cragg, die bis in den Januar hinein zu sehen sind, ist bereits die Schau des Designers Konstantin Grcic angekündigt. Tobias Bader, der das Haus nun übergangsweise alleine leitet, versichert außerdem, dass die ebenfalls noch von Katja Blomberg für 2022 vorbereitete Thomas-Florschuetz-Ausstellung stattfinden wird. Sie würde bis in den August, vielleicht länger dauern, abhängig von den Plänen der nächsten Leitung.
Gesucht wird nun jemand „mit offenen Augen und offenen Armen“
Bis 30. September läuft noch die Bewerbungsfrist, Lebenslauf und ein kurzes persönliches Statement reichen als Eingabe. Gesucht werde jemand, der oder die „mit offenen Augen und offenen Armen multidisziplinäre und diverse Visionen entwickelt“, wie es auf der Website vom Haus am Waldsee heißt.
Auf Nachfrage, in welche Richtung der Trägerverein mit dem Haus am Waldsee nun künftig strebe, kam nur als Antwort, das Profil der künftigen künstlerischen Leitung sei in der Ausschreibung bewusst offen gehalten worden. Eine Findungskommission begleite den Prozess. Ganz offensichtlich stecken hier ganz viele in der Findungsphase.