Hören Sie auf den alten Hippie
Das ging schnell: Zwei Tage nachdem Neil Young die Streamingplattform Spotify gebeten hatte, seine Musik aus deren Angebot zu entfernen, findet sich dort tatsächlich keines seiner Alben mehr. Die Aktion des Rockstars war ein Protest gegen den Podcaster Joe Rogan, dessen Show in Youngs Augen zur Verbreitung von Falschinformationen über Covid-19 beigetragen habe.
Auf seiner Website dankte Young seiner Plattenfirma Warner Music, denn ohne sie wäre der Rückzug nicht möglich gewesen. Neben ihm steckt auch das Label den Verlust ein. Immerhin 60 Prozent der Streamingeinnahmen von Neil Young, der erst im Dezember mit seiner Band Crazy Horse ein neues Album veröffentlich hat, stammten bisher aus Spotify-Abrufen.
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Dem 76-Jährigen ist es das wert. Er will seine Songs nicht bei einem Dienst veröffentlichen, der einem zwielichtigen Wissenschaftler wie Robert Malone fast zweieinhalb Stunden Zeit gibt, um Verschwörungstheorien und Pseudofakten zu präsentieren. Vor Young hatten sich bereits über 200 Menschen aus dem Gesundheitswesen und der Wissenschaft in einem Offenen Brief gegen Joe Rogans Podcast gewandt und aufgezeigt hatten, dass es nicht das erste Mal gewesen sei, dass dort problematische Aussagen zur Corona gemacht würden.
Bei Spotify, wo man Youngs Rückzug bedauerte, sieht man das offenbar anders. Das Unternehmen ließ verkünden, dass es seit Pandemiebeginn insgesamt über 20.000 Podcastfolgen gelöscht habe. Dass Rogan davon nicht betroffen ist, irritiert allein schon wegen der durchgeknallten Nazi-Vergleiche, die Robert Malone in der Silvester-Episode äußerte.
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Der Streit mit Neil Young wirft kein gutes Licht auf Spotify, es ist aber eine gute Gelegenheit für Musikfans, ihr Abo beim weltgrößten Streaminganbieter einmal grundsätzlich zu überdenken, weist dessen Geschäftspraxis doch auch sonst problematische Seiten auf. Allen voran das Abrechnungsmodell, bei dem die Abo-Einnahmen eines Monats durch die Gesamtzahl der Streams geteilt werden, wovon vor allem Musiker*innen profitieren deren Songs in kurzer Zeit häufig angeklickt werden.
Das führt dazu, dass selbst von Hörer*innen, die längere Stücke bevorzugen oder die weniger oft auf der Plattform unterwegs sind, ein Großteil der Abogebühren bei den meistgeklickten Künstler*innen landen. Selbst wer nur Freejazz hört, wird am Ende einen Deutsch-Rapper mitfinanziert haben.
Und wer weiter Neil Young-Songs streamen möchte? Kann das etwa bei Tidal. Der US-Dienst hat zudem angekündigt, in diesem Jahr ein „user centric payment“ einzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Teil der Abogebühren auch bei den Bands ankommt, die ein Fan hört.