Eisbären ohne Rezept in der Dauerkrise: Fehler und Fehleinschätzungen

Serge Aubin hatte mit seinen Eisbären am Mittwochabend gerade die jüngste Demütigung hinter sich gebracht. Und als ob das 0:5 nicht genug war, wurde der Berliner Trainer gefragt, ob er nun mit Juho Markkanen eine neue Nummer eins im Tor gefunden habe. Aubin hätte nach so einer Klatsche pampig werden können. Machte er aber nicht, der Kanadier antwortete irgendetwas von zwei guten Torhütern im Kader, zu dem sei sein Team heute „definitiv nicht gut genug“ gewesen.

Markkanen hatte tatsächlich ordentlich gehalten, gegen Ende des Spiels dann aber auch nicht mehr. Und das ist ein Problem der Berliner in dieser Saison: Es gibt zu wenig Gutes, an dem sie sich festhalten und aufrichten können. Die Eisbären treten im Abstiegskampf auf der Stelle, sie haben in Wolfsburg da weitergemacht, wo sie vor dem 3:2-Sieg am Sonntag in Augsburg aufgehört hatten.

Nur zwei Drei-Punkte-Erfolge in den Monaten November und Dezember haben die Berliner in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) hingelegt. Es scheint so, als habe der Trainer dem Absturz des Meisters zu wenig entgegenzusetzten. Schon von der Körperhaltung her wirkt Aubin bei den Spielen an der Bande inzwischen nicht wie jemand, der die Chose in den Griff bekommen könnte.

Die Gegner haben die Schwächen der Eisbären längst erkannt

Das haben die Gegner längst registriert. Dass sie die Arbeit des Berliners Trainer mitunter loben, ist wohl eher eine Spitze als blanker Ernst. Bill Stewart, der Mannheimer Coach etwa, hat nach Siegen seines Teams in Berlin das Aubin-lobpreisen-Spiel schon gespielt und Mike Stewart setzte nun in Wolfsburg nach dem 5:0 gegen die Eisbären einen drauf. „Serge hat immer einen Game Plan“, sagte Wolfsburgs Trainer. „Seine Mannschaften sind immer gut vorbereitet. Man hat gesehen, dass die Berliner eine gewisse Qualität haben.“

Das mit der Qualität ist die Frage, bei den Eisbären wirkt vom Personal und Personalführung her doch vieles diffus. Bestes Beispiel: Die Trauer um den plötzlichen Abgang von Brendan Guhle vor wenigen Tagen. Der kanadische Verteidiger hatte nach langer Verletzung nur sieben belanglose Auftritte für die Eisbären, aber nun sei mit dem Abgang eine Lizenz weg, hieß es vielerorts.

Womit eine Lizenz für einen ausländischen Profi gemeint ist. Dieses Denken unterliegt dem Irrtum, dass deutsche Spieler prinzipiell nicht so gut sind wie ihre nordamerikanische Kollegen. Und das schlägt sich auch in den erfolglosen Auftritten der Berliner wieder: In Wolfsburg hatten sie mit Marcel Noebels in der ersten Formation und Leo Pföderl (zweite Reihe) mal gerade zwei deutsche Spieler in den ersten drei Sturmreihen.

Beim Blick auf die Scorerliste sieht es ähnlich eindeutig aus, da ist bei den Berlinern bis auf Noebels kein deutscher Profi unter den ersten sechs Spielern, bei den Spitzenteams aus München und Mannheim sind jeweils drei Deutsche unter den besten sechs Scorern.

Es braucht gute deutsche Spieler, um in der DEL um den Titel mitzuspielen. Und es geht nicht vor allem darum, welchen Ausländer ich noch hastig während der Saison bekommen kann oder welchem Kanadier oder Amerikaner gerade ein deutscher Pass zugeflogen ist. Das Einbürgerungsspiel beherrscht in der DEL nur Bremerhaven, und die werden nie Meister.

Die Abgänge von Wissmann und Niederberger konnten nicht kompensiert werden

Dass starke deutsche Spieler wie Kai Wissmann oder Torwart Mathias Niederberger die Eisbären nach der Vorsaison verlassen haben, war zu viel des Schlechten. Und einen Dominik Bokk, nun in Frankfurt der Torjäger überhaupt, haben sie nicht halten wollen. Mit den dazu gekommenen Deutschen kann Aubin offensichtlich zum Teil nichts anfangen. Ex-Nationalspieler Frank Mauer und der junge Jan Nijenhus fristen in der vierten Sturmreihe ein tristes Dasein. Mauer spielt die schwächste Saison seiner Karriere, Nijenhus – nach gutem Jahr aus Wolfsburg gekommen – ist noch ohne einen einzigen Punkt.

Sicher kommt aktuell hinzu, dass es Verletzte gibt und dass nicht nur der Trainer der Eisbären seine gewohnte Form sucht, sondern auch etliche seiner Spieler. Aber die Eisbären und das Management um Sportdirektor Stéphane Richer werden bestimmt aus den Fehlern dieser Saison lernen wollen.

In den Jahren zuvor war bei den Eisbären vieles ganz gut. In der aktuellen Situation ist vieles schlecht, aber auch noch einiges möglich: Ein Heimsieg gegen den Tabellenletzten Bietigheim-Bissingen am Freitag (19.30 Uhr, Mercedes-Benz-Arena) ist für die Eisbären nun enorm wichtig, denn die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr werden für die Berliner mit drei Auswärtsspielen hart genug. Auch für ihren Trainer.

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