Kinokomödie „Bridget Jones – Verrückt nach ihm“ : Witwentröster gesucht
Bridget, die im roten Pinguin-Pyjama zur Ballade „All By Myself“ den Katzenjammer einer Singlefrau über 30 zelebriert. Bridget, die mit wenig mehr als einem getigerten Slip bekleidet, im Schneegestöber ihr Herzblatt Mark Darcy küsst. Das sind Herzschmerzszenen, die im Kinogedächtnis für romantische Komödien ganz oben rangieren.
Seit „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ 2001 nach dem Roman der Autorin Helen Fielding herauskam, hat sich die von Renée Zellweger nun schon zum vierten Mal verkörperte Chaosfrau zu einer Kultmarke entwickelt.
Mit der „very british“-Attitüde, die der damalige Drehbuchautor Richard Curtis auch seinen Hits „Notting Hill“, „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ und „Tatsächlich … Liebe“ verordnete, machte Curtis nicht nur Hugh Grant zum Star, sondern setzte dem belächelten Rom-Com-Genre um die Jahrtausendwende funkelnde Krönchen auf.
Beim Drehbuch zum vierten Teil „Bridget Jones – Verrückt nach ihm“ ist Curtis nicht mehr dabei. Aber nach wie vor Helen Fielding, die damals mit ihrer Idee, einen modernen Unterhaltungsroman zu schreiben, der Jane Austens Klassiker „Stolz und Vorurteil“ nachempfunden ist, direkt die romantischen Sehnsüchte moderner Singlefrauen traf.
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Colin Firth als Mr. Darcy
Zu denen gehört Bridget fast 25 Jahre nach ihrem ersten Leinwandauftritt eigentlich nicht mehr. Im dritten Teil, „Bridget Jones‘ Baby“ von 2016, hatte sie sich schließlich endgültig für ihre On-Off-Flamme, den Menschenrechtsanwalt Mark Darcy (Colin Firth) entschieden und einen Sohn bekommen.
Doch wie es das grausame Schicksal will, besieht sich Mr. Darcy bereits seit vier Jahren die Radieschen von unten und Bridget muss den zehnjährigen Billy und die sechsjährige Mabel alleine großziehen.
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Logo, dass Bridget sich als Mutter wie eine ziemliche Niete fühlt. Keine Rom-Com-Heldin ohne Aschenputtel-Komplex. Gleich zu Beginn der Komödie setzt sie in einer spaßigen Slapstick-Szene einen Topf Spaghetti in Brand.
Aber auch die Unordnung des Häuschens im elitären Norden von London, in Hampstead, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mark Darcy Bridget und die Kinder offensichtlich gut versorgt hinterlassen hat. Um Geld geht es hier jedenfalls auch nach vier Jahren unbezahlter Trauerarbeit nie.

© dpa/Universal/Jay Maidment
Immerhin, als Dr. Rawlings, Bridgets Gynäkologin, die Emma Thompson wieder mit umwerfend trockenem Humor spielt, ihr den „professionellen Rat“ gibt, besser wieder arbeiten zu gehen, spurt die TV-Produzentin umgehend. Auch, als Freunde und Mutter ihr raten, wieder mit dem Leben, äh, mit dem Dating loszulegen. Ohne „Love Interest“ keine Rom-Com, so lauten die konservativen Spielregeln des Genres, das zwar sein Frauenbild über die Jahrzehnte der Realität angepasst hat, aber die Suche nach „Mr. Right“ stur beibehält.
Hugh Grant gibt Playboy Daniel Cleaver
Verleger-Playboy Daniel Cleaver kommt nicht als Witwentröster infrage. Er hat im Bridget-Universum jetzt einen asexuellen Status erlangt. Angesichts der galoppierenden Verwitterung des alten Schwerenöters Cleaver sticht die relative Gesichtsglätte von Zellweger doppelt so stark hervor. Hätte Hugh Grant mal mehr an sich machen lassen!
So hat er Roxster (Leo Woodall), dem knackig-jungen Ranger von Hampstead Heath, nichts entgegenzusetzen, dem Bridget wie eine reife Pflaume vom Baum direkt in die Arme fällt.

© Jay Maidment/Universal Pictures
Mag Renée Zellweger auch auf hollywoodtypische Weise „altern“, ihr Dauergrinsen und ihr kerliges Stapfen, mit dem sie durch London pflügt, weisen sie als Komödiantin von Rang aus. Auch bei einer missglückten Verschönerungsmaßnahme, die ihr ein paar Schlauchbootlippen vom Dicksten beschert, schont sich die grimassierende, lispelnde Zellweger nicht. Bei „Bridget Jones“ ist immer Kindergeburtstag, alles schön bekloppt.
Colin Firth erscheint als Verblichener
Und selbstreferenziell. Von Bridgets rotem Pinguin-Pyjama, in dem sie die Kids zur Schule bringt, bis zum Winterwunderland, das diesmal den Zirkelschluss am Silvesterabend schmückt (Kennerinnen wissen, dass Teil 1 am Weihnachtsmorgen beginnt). Und weiter ausufernd bis zur Wet-Shirt-Szene, in der Colin Firth als „Mr. Darcy“ in einer BBC-Verfilmung von „Stolz und Vorurteil“ einem Teich entsteigt und die nun für Bridgets Lover Boy Roxster reserviert ist.
Apropos Colin Firth: Auch er erscheint als Verblichener gut sichtbar. Und schätzt offenbar Bridgets anderen Kandidaten um die Position des Mannes an ihrer Seite: den Physiklehrer Walliker (Chiwetel Ejiofor).
Wie es sich für eine gute Komödie gehört, halten sich Witz und Sentiment zuerst die Waage, Bridget Jones war immer für schnelle Schnitte, treibenden Feelgood-Pop und ein paar derbe Zoten gut. Die Gags fallen diesmal kinderkompatibler aus, dafür steigt der Zuckergussfaktor in der zweiten Stunde auf der nach oben offenen Kitschskala.
Das Thema des Verlusts von Gatten und Vätern und das der Vergänglichkeit, das durch die Physiognomien Bridgets und ihrer Posse transportiert wird, machen „Verrückt nach ihm“ zum veritablen Tränenzieher. Es ist nun mal bewegend, die eigenen Heldinnen altern zu sehen.