Gipsmodelle der Quadriga restauriert: So manches Geheimnis ist nun gelüftet
Das Pferd „C“ tanzt aus der Reihe, das dritte von links der Quadriga von Johann Gottfried Schadow. Nur ist es mit ziemlicher Sicherheit kein Werk des preußischen Bildhauers. Aber wer schuf es dann? Das ist eine der noch offenen Fragen, die das Quadriga-Projekt von der Gipsformerei der Staatlichen Museen, dem Landesdenkmalamt und dem Bundestag noch nicht beantworten konnte.
Zwei Jahre lang haben die Fachleute die 2015 im Kreuzberger Lapidarium entdeckten Gipsfragmente der Quadriga in einer Schauwerkstatt im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus sortiert und restauriert. Das Projekt ist nun abgeschlossen und wird im Frühjahr in einer neuen Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Quadriga auf dem Brandenburger Tor ist eine Nachbildung der im Krieg völlig zerstörten Skulptur, die 1958 in einer bemerkenswerten deutsch-deutschen Kooperation im Kalten Krieg wieder auf das Tor gestellt wurde. 1942 hatte man nachts auf dem Brandenburger Tor heimlich Abformungen gemacht, aus Zeitgründen den Wagen nur zur Hälfte.
Diese Formen goss dann die Gipsformerei 1956 aus und setzte sie wieder zusammen – als Vorlage für die Kupfertreibearbeiten der Bildgießerei Noack. Dieser Gips ist ein neues Original, ein „analoger Informationsspeicher“, wie Miguel Helfrich, Leiter der Gipsformerei, sagt. Darin finden sich alle Spuren früherer Reparaturarbeiten von 1907 und 1926/27, als die Einschusslöcher vom Spartakusaufstand mit kleinen genieteten Blechen geschlossen wurden.
Bei der Durchsicht der 50 Paletten mit den Gipsfragmenten wurden auch die kleineren Beine von Pferd „C“ entdeckt. Man vermutet, dass in Paris bei der Mitnahme durch Napoleon etwas schief gegangen sein muss, sodass ein anderer Künstler ein neues Pferd schuf. Die Kopfhaltung dreier Pferde ist geneigt, ihre Mähnen sind wie geföhnt, das vierte ist deutlich kleiner und hat „nasse Haare“.
Heute sind die Flügel der Viktoria symmetrisch angeordnet. Spuren am Gipsmodell deuten aber darauf hin, dass der linke Flügel in einem anderen Winkel stand. Dass sie im Gipsmodell ihre beiden Arme verlor, ist eine moderne Verunstaltung, so geschehen für eine Ausstellung. „Gipsmodelle wurden nicht wertgeschätzt“, sagt Helfrich. Und dann wurden im Gips chaos doch noch die Formen des Kopfes der Viktoria gefunden, eine kleine Sensation.
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