Krzysztof Piatek ist schon in Florenz
Vor zwei Jahren war die Welt noch eine andere, und wie anders sie war, zeigt ein Blick auf das damalige Geschehen auf dem Transfermarkt. Im Januar 2020 konnten die Vereine der Fußball- Bundesliga noch Geld für neue Spieler ausgeben. Viel Geld sogar. Und so wechselten vor zwei Jahren zwei hoffnungsvolle Stürmer aus dem Ausland nach Deutschland. Der eine schloss sich Borussia Dortmund an, der andere Hertha BSC.
Krzysztof Piatek hieß der Angreifer, den die Berliner Anfang 2020 dem großen AC Mailand abluchsten. Ein polnischer Nationalspieler, 24 Jahre alt und laut Herthas damaligem Trainer Jürgen Klinsmann „ein kompletter Stürmer“. Piatek wisse, wo der Ball hinfällt, „wir sind froh, dass wir so einen Kerl hier haben“.
Borussia Dortmund wiederum holte einen Norweger namens Erling Haaland. 20 Millionen Euro zahlte der BVB für den 19-Jährigen an RB Salzburg. Piatek kostete 24 Millionen. Der eine stieg zum Weltstar auf, der andere blieb Mitläufer.
Die beiden Summen erzählen einiges – vor allem über Hertha und das damalige Geschäftsgebaren des Vereins: Was kostet die Welt? Uns doch egal! Kurz nachdem es erste Meldungen über die Entdeckung eines neuartigen Coronavirus’ in China gegeben hatte, investierte der Berliner Bundesligist 77 Millionen Euro in neue Spieler, so viel wie kein anderer Verein auf der ganzen Welt. Lars Windhorst, der neue Investor, und Jürgen Klinsmann, sein Statthalter vor Ort, machten es möglich.
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„Ich hoffe, bald in der Champions League zu spielen, das ist der Plan“, sagte Piatek bei seiner Vorstellung in Berlin. Vielleicht erfüllt sich sein Traum schon bald. Allerdings nicht mit Hertha BSC, sondern mit dem AC Florenz.
Nach übereinstimmenden Medienberichten aus Italien wechselt Piatek zum Tabellensiebten der Serie A, zunächst leihweise für eine Gebühr von 2,5 Millionen Euro. Darüber hinaus soll Florenz für 15 Millionen Euro eine Kaufoption besitzen. Am Donnerstag wurde der Pole bereits in Florenz gesichtet. Allein der obligatorische Medizincheck steht vor dem Vollzug des Transfers wohl noch aus.
Jürgen Klinsmann, der bei Piatek eine „große Chance auf Mehrwert“ gesehen hatte, ist damit zwar Lügen gestraft; trotzdem hat Hertha – sofern die Zahlen stimmen – noch ein halbwegs ordentliches Geschäft gemacht. Denn die mit der Verpflichtung des Polen verbundenen Hoffnungen haben sich nie erfüllt. Egal wer sich in den vergangenen beiden Jahren bei den Berlinern als Trainer versucht hat, eine stimmige Einbindung des Mittelstürmers in Herthas Spiel ist keinem von ihnen gelungen.
„Er ist ein extremer Abschlussspieler, aber wir schaffen es noch nicht so, ihn in Position zu bringen, dass seine Stärken zum Tragen kommen“, hat Bruno Labbadia einmal über Piatek gesagt. Jeder seiner Vorgänger und Nachfolger hätte sich so oder so ähnlich äußern können.
Bobic wickelt die Hochpreisphase ab
In dieser Saison stand Piatek nur vier Mal in der Startelf, zuletzt beim verlorenen Derby gegen den 1. FC Union im November. Pal Dardai hat ihn vor allem als Joker gesehen, daran hat auch der jüngste Trainerwechsel nichts geändert. In den bisherigen vier Begegnungen unter Tayfun Korkut kam Piatek dreimal von der Bank und spielte dabei insgesamt 37 Minuten. Ein Tor erzielte er in dieser Saison, eins bereitete er vor.
Bei Hertha ist der zweitteuerste Spieler der Vereinsgeschichte nie richtig angekommen. Er war nie unumstößlicher Stammspieler und nie unumstritten. Dass er jetzt dorthin zurückkehrt, wo er hergekommen ist, ist daher fast folgerichtig. In eigentlich jeder der vergangenen Transferperioden gab es Gerüchte über Interesse aus der Serie A. In Italien genießt der Pole immer noch einen guten Ruf, seitdem er in seiner ersten Saison in der Serie A drittbester Torschütze war. Bei Hertha hat Piatek in 58 Pflichtspielen, verteilt auf zwei Jahre, 13 Tore erzielt. In Italien (für CFC Genua und Milan) waren es in 55 Spielen (binnen anderthalb Jahren) exakt doppelt so viele (26 Tore).
Von all den Angreifern, die bei Hertha in der vergangenen Saison unter Vertrag standen, ist Piatek jetzt der letzte, der den Klub verlässt: Jhon Cordoba und Matheus Cunha sind verkauft, alle anderen – Dodi Lukebakio, Javairo Dilrosun, Jessic Ngankam, Daishawn Redan – fürs Erste verliehen.
In kurzer Zeit hat Fredi Bobic, Herthas neuer Sportgeschäftsführer, damit eine heftige, aber wenig ergiebige Episode der Vereinsgeschichte abgewickelt. Unter ihm sind andere Qualitäten wichtig als die, an denen sich der Klub in seiner Hochpreisphase orientiert hat. Damals ging es noch um große Träume und große Namen. Ein großer Wille ist Fredi Bobic definitiv wichtiger.