120 Jahre Bode-Museum: Weltoffene Geburtstagsparty
Vor fast genau 120 Jahren wurde das heutige Bode-Museum eröffnet, am 18. Oktober, von Kaiser Wilhelm II., damals Kaiser-Friedrich-Museum. Die oft verächtlich gemachte, von dem Hofarchitekten Ernst von Ihne und dem Direktor der Gemälde- und Skulpturengalerie Wilhelm von Bode entwickelte Architektur ist immer wieder ein Erlebnis, glänzt mit reicher Vielfalt der Raumformate, Belichtungen, Durchgänge.
Was bis heute Erfolg haben könnte, wie am Sonnabend zu erleben war, als es hier atemberaubend lustig, weltoffen, sogar quirlig zuging und Bälle vom Tischfußball in der Basilika knallten.
Der Kaiser-Friedrich-Museums-Verein, der die Zwecke der Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung seit 1897 fördert, lud zur Party und die Schlange vor dem Haus war lang, aber geduldig. Der Grund ist einfach und aus vielen britischen, amerikanischen oder skandinavischen Kunst-Museen bekannt: Freier oder kleiner Eintritt, kombiniert mit einem attraktiven, lustigen Programm, das Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen locken kann. Alles, nur nicht die so urdeutsche „Bildungs-Arbeit“, ein in jedem Buchstaben Unlust signalisierender Begriff.
Seinetwegen herrscht in vielen Museen meist ehrfürchtig-gottesdienstliches Schweigen, das von vielen Besuchern und Besucherinnen auch eisern selbst gegen die Kuratoren durchgesetzt wird. Die aber wissen, wie die meisten Lehrerinnen und Lehrer seit langem: Lernen muss Spaß machen, sonst funktioniert es nicht.
Deswegen sind naturkundliche Museen so attraktiv: Hier lockt Aufklärung über Rex und Sex. In vielen deutschen Kunstmuseen erntet man dagegen schon bei einer halblauten Frage strenge Blicke à la „Können sie nicht aufpassen“ und scharfes „Psss“. Kein Wunder, dass sie der Schrecken der Kinder sind.
Alle Forschungen zeigen: Lust und Freude müssen sein, um auch junge Menschen, also die künftige Klientel, ins Museum zu kriegen. Wer einmal erlebt hat, wie Mädchen und Jungen staunend vor einer Statue des Heiligen Georg (Bayrisch, vielleicht München, um 1520. Lindenholz, strahlend goldene Originalfassung) erfahren, dass dieser Held ziemlich camp und in aller Keuschheit sexgeladen ist, mit seinem Hüftschwung alle Geschlechtergrenzen sprengt, sieht auch: Traue nie dem ersten Eindruck, vertraue der Vielfalt des Lebens.
Und noch etwas für geizige Haushälter: Kapitalisten wissen, dass auch kleines Geld, wenn man es genügend einsammelt, viel Vermögen in die Kassen bringt. Hohe Preise aber, ein unbeworbenes Angebot und lange Ladenschlusszeiten vergraulen garantiert die Kundschaft.
Erst vor kurzem hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Preise angehoben und die Öffnungszeiten des Bode-Museum nochmals reduziert, was viel zu wenig Skandal auslöste. Wie schön voll und laut war doch dieser Sonnabend im Museum.