Zum Tod von Peter Brötzmann: Frei im Spiel, frei im Denken

Sie nannten ihn Ekstaseveteran, Free-Jazz-Kaputnik, Improvisationsextremist, Lärmvandale oder Rohrreiniger vom Dienst. Mehr Spitznamen als Peter Brötzmann hat ganz sicher kein anderer deutscher Jazzmusiker bekommen.

Doch keines dieser Etiketten wurde dem Furor gerecht, mit dem er sich den Weg freigeblasen hat zu den archaischeren Schichten der Musik. Mit seinen Spalt- und Splitterklängen sprengte Brötzmann jedes interesselose Wohlgefallen. Radikaler als er hat kein anderer mit den Traditionen und Konventionen des Jazz gebrochen.

Brötzmann, 1941 in Remscheid geboren, hatte mit 9 Jahren Klarinette spielen gelernt, später wurde vor allem das Basssaxofon zu seinem Instrument. Er studierte vier Jahre Kunst in Wuppertal, arbeitete nebenbei als Grafiker und lernte in der Fluxus-Bewegung genreübergreifend frei zu denken.  

Sein erstes Album „For Adolphe Sax“ nahm er 1967 im Trio mit Peter Kowald am Kontrabass und Sven-Åke Johannsson am Schlagzeug auf. Die Platte begründete eine europäische Brachialität, die sich ausdrücklich von der afroamerikanischen Spiritualität eines Albert Ayler absetzen wollte.

Im Jahr darauf folgte die Platte, die als Urschrei der heimischen Szene gilt: „Machine Gun“ war für die deutschen 60er Jahre, was Ornette Colemans „Free Jazz“ und John Coltranes „Ascension“ für die amerikanischen waren.

Stets hatte Brötzmann blendend eingespielte, individuelle Musiker an seiner Seite: die Pianisten Alexander von Schlippenbach und Fred van Hove oder den Schlagzeuger Günter Baby Sommer.

Auch mit seinem Sohn, dem Rockgitarristen Caspar Brötzmann, trat er auf. Am Donnerstag ist – wie seine Agentin dem Deutschlandfunk Kultur bestätigte – Peter Brötzmann gestorben. Er wurde 82 Jahre alt.