Zum Rücktritt von Roger Federer: Der Künstler mit dem Tennisschläger

Nein, überraschend kommt die Nachricht nicht mehr. Roger Federer legt den Tennisschläger endgültig zur Seite – schon länger hat er ihn nicht mehr bei einem Match auf der Profi-Tour benutzt. Wobei dieses Verb fast eine kleine Beleidigung für das Wirken des heute 41 Jahre alten Schweizers darstellt. Denn für Roger Federer war sein Racket kein Werkzeug, sondern eher ein Kunstgegenstand.

Wie begnadete Maler mit dem Pinsel oder Musiker mit ihrem Instrument so ging Federer mit dem Tennisschläger um. Er konnte damit auf dem Platz Dinge anstellen, die so vorher noch nie zu sehen waren – und die es in dieser Form wohl auch nie wieder zu sehen geben wird.

Doch Federer war nicht nur über viele Jahre der Beste in seinem Sport, er war mehr als „nur“ ein Profi. „Maestro“ nannten sie ihn, weil er auf und neben dem Platz herausragte. Federer wurde von den Kollegen anerkannt, von den Fans geliebt und brachte Tennis einem breiteren Publikum näher. Abseits der Courts war er eloquent, freundlich und fair – und damit ein Sportsmann im wahrsten Wortsinne.

Federer war immer der Maßstab für alle anderen

Dass andere Spieler in seinem Schatten noch größere Erfolge feiern könnten als er selbst, schien lange undenkbar. Rafael Nadal mit 22 und Novak Djokovic mit 21 haben inzwischen sogar mehr Grand-Slam-Titel als Federer (20). Und doch ist es der Schweizer, zu dem immer alle aufgeschaut haben und der stets als Maßstab diente.

In einer Woche wird er beim von ihm selbst initiierten Laver Cup seine Abschiedsvorstellung geben. Passenderweise in London, dort wo sein Aufstieg 2001 mit einem Sieg über Pete Sampras, die damalige Nummer eins, in Wimbledon begann und wo er zwischen 2003 und 2017 acht Mal triumphierte.

An seiner Seite könnten dann noch einmal seine großen Widersacher, Weggefährten und Freunde aufschlagen. Nadal, Djokovic und Andy Murray sind für Team Europa nominiert und es könnte keinen besseren Schlussakkord in der Karriere des großen Schweizers geben. Ein letztes Mal wird Federer dann womöglich ein paar Tränen vergießen, so wie es in seiner Laufbahn häufiger der Fall war. Gut möglich, dass viele Fans und Kollegen in London dabei auch feuchte Augen bekommen.

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