Salamitaktik beim Südseeboot

Nächste Woche geht es im Humboldt Forum richtig los. Sechs Ausstellungen werden am 20. Juli eröffnen. Begleitet wird die schrittweise Öffnung von Debatten um den Umgang mit kolonialem Raubgut, wie dem fünfzehn Meter langen Auslegerboot von der Insel Luf, einem Schmuckstück der Südsee-Sammlung des Ethnologischen Museums, das zusammen mit weiteren Booten im nächsten Öffnungsschritt im Erdgeschoss des Gebäudes gezeigt werden soll.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther wirft der Bundesregierung und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) vor, nicht verantwortungsvoll mit dem kolonialen Erbe umzugehen. „Mit Nebelkerzen und Salamitaktik“ versuchten die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Kulturstaatsministerin Monika Grütters als Stiftungsratsvorsitzende der SPK „von fehlendem politischen Willen und einer Provenienzforschung ohne Koordinatensystem abzulenken“. Bei den Benin-Bronzen und beim „Luf“-Boot würde nur „scheibchenweise das zugegeben, was nicht mehr zu leugnen ist“, heißt es in einer Stellungnahme der Grünen-Politikerin.

Götz Aly hatte erstmals auf die Versäumnisse hingewiesen

Der Historiker Götz Aly führte in seinem im Mai veröffentlichten Buch „Das Prachtboot“ den Beweis, dass die deutsche Kolonialgeschichte in der Südsee äußerst gewaltvoll war, und dass auch das „Luf“-Boot nicht einvernehmlich in deutschen Besitz kam. In der Antwort auf die Grünen-Anfrage, ob das Boot bei Kenntnis der Sachlage noch im Eingangsbereich des Humboldt Forums gezeigt werden solle, schreibt Grütters: „Das Luf-Boot wird als identitätsstiftendes Werk der Bootsbaukunst im Pazifik gezeigt werden, aber auch als Mahnmal für die Schrecken der deutschen Kolonialzeit“.

Die Staatsministerin beharrt aber auch darauf, wie zuvor bereits das Ethnologische Museum, dass „die genauen Umstände“ zum Erwerb „nicht abschließend geklärt“ seien und die Forschung zum Boot „noch nicht abgeschlossen“ ist. Was man zu wissen glaubt, soll in der Ausstellung „direkt am Luf-Boot näher beschrieben“ werden. Kappert-Gonther sieht in dieser „nachträglichen“, wieder nur reaktiven Aktion die „Hilf- und Planlosigkeit der Verantwortlichen“ bestätigt. Ein Dialog auf Augenhöhe mit den Herkunftsgesellschaften sehe anders aus, so die Abgeordnete.

Wenigstens bei den Benin-Bronzen gibt es Bewegung

Bewegung gibt es nach vielen Jahren des Stillhaltens bei den Benin-Bronzen, Kunstgegenständen, Figuren und Gedenkköpfe aus dem historischen Königreich Benin, die auch als Raubgut gelten. SPK-Präsident Hermann Parzinger sagte zu, dass 2022 Objekte aus dem Bestand des Ethnologischen Museums an Nigeria zurückgegeben werden sollen.