Glücklicher 2:0-Sieg bei Hertha BSC: Der 1. FC Union gewinnt das fünfte Derby in Folge
Als die Mannschaft von Hertha BSC 37 Minuten vor Anpfiff des Derbys den Rasen betrat, begrüßte sie der Stadionsprecher mit einem Satz, der in den vergangenen Tagen in ähnlicher Form häufig gefallen ist, um etwas Optimismus inmitten der blau-weißen Tristesse zu versprühen. „Ganz egal, was war“, sagte Udo Knierim also. „Es kann nur besser werden!“
Nach dem 0:5 gegen Wolfsburg am Dienstag war das keine allzu gewagte These und Herthas Stadionsprecher behielt recht. Der Tabellenvorletzte machte am Samstagnachmittag vor 74.667 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion ein ordentliches Spiel und war gegen den 1. FC Union über weite Strecken die gefährlichere von zwei harmlosen Mannschaften.
Dass es am Ende nach Toren von Danilho Doekhi und Paul Seguin dennoch 2:0 (1:0) für die Köpenicker hieß, war irgendwie bezeichnend für den Zustand der zwei Berliner Fußball-Bundesligisten.
Union gelingt momentan alles und mit dem dritten Sieg in Serie bleibt die Mannschaft zumindest tabellarisch erster Bayern-Verfolger. Herthas Mannschaft fiel zwar nicht auseinander wie gegen Wolfsburg, bleibt in diesem Kalenderjahr aber punktlos und akut abstiegsgefährdet. „Union macht zwei Tore aus zwei Chancen, wir haben auch zwei Chancen, aber machen kein Tor“, sagte Torwart Oliver Christensen. „Wegen dieser Effektivität sind sie Zweiter und wir Zweitletzter.“
Beide Trainer nahmen nach den Wochentagsspielen mehrere Wechsel vor, Sandro Schwarz allerdings nicht nur leistungsbedingt. Mit Agustin Rogel und Jonjoe Kenny fielen zwei Verteidiger aus und wurden durch Filip Uremovic sowie Peter Pekarik ersetzt. Da Herthas Trainer Kapitän Marvin Plattenhardt für Maximilian Mittelstädt in die Startelf beorderte, blieb aus der Viererkette vom Wolfsburg-Debakel nur noch Marc Kempf übrig. Im Mittelfeld spielte zudem Jean-Paul Boetius anstelle des deutlich defensiveren Ivan Sunjic.
Unions Trainer Urs Fischer konnte hingegen aus dem Vollen schöpfen und entschied sich für drei frische Kräfte. Jerome Roussillon kam als linker Schienenspieler zu seinem Startelfdebüt, auf der anderen Seite kehrte Christopher Trimmel zurück und im zentralen Mittelfeld begann Andras Schäfer zum ersten Mal nach seiner Fußverletzung.
Herthas Fans holten ihre Mannschaft mit einer sehenswerten Choreografie auf den Rasen und hüllten das halbe Olympiastadion in Blau und Weiß. Auch die Spieler hatten sich offenbar etwas vorgenommen und begannen gut. Die Gastgeber waren griffig in den Zweikämpfen, standen sicher und waren in einer chancenarmen ersten Hälfte die gefährlichere Mannschaft.
Herthas hohes Pressing brachte Unions Hintermannschaft einige Male in Bedrängnis, allerdings fehlte nach Ballgewinnen die Gradlinigkeit im Strafraum. Marco Richter verpasste den richtigen Moment für den Abschluss, Dodi Lukebakios Flanken fanden keine Abnehmer und Suat Serdars Schuss flog über das Tor. Dennoch konnte Schwarz mit der Leistung seiner Mannschaft weitgehend zufrieden sein. Dass gerade ein Spitzenteam gegen einen Abstiegskandidaten spielt, war keineswegs zu erkennen.
Unions Trainer Fischer schüttelte war lange Zeit gar nicht zufrieden
Derlei Kategorisierungen liegen Fischer fremd und doch schüttelte Unions Trainer an der Seitenlinie mehrfach den Kopf. Seine Mannschaft hatte zwar mehr Ballbesitz, wusste damit aber nicht viel anzufangen. „Wir waren nervös, haben viele Bälle hergeschenkt und sind nicht gut ins Spiel gekommen“, sagte Rani Khedira.
In der gegnerischen Hälfte fehlten Ideen und Präzision, an Toptorjäger Sheraldo Becker lief das Spiel völlig vorbei. Einen Schuss auf Herthas Tor brachte Union in den ersten 43 Minuten nicht zustande – und ging doch mit einer Führung in die Pause.
Die Entstehung des 1:0 dürfte Schwarz zur Verzweiflung getrieben haben. Denn vor Unions Stärke nach Standards hatte der Trainer seine Mannschaft unter der Woche ausgiebig gewarnt. Vor genau einer Woche köpfte Doekhi Union nach Ecken von Trimmel mit einem Doppelpack zum Sieg gegen Hoffenheim, nun legte der niederländische Innenverteidiger nach einer Freistoßflanke des Kapitäns nach. Kempf kam im Luftzweikampf etwas zu spät und Torwart Oliver Christensen war machtlos. „Der Ball war optimal getreten, der Laufweg optimal. So gehst du dann gegen den Spielverlauf in Führung“, sagte Fischer.
Nach dem 2:0 von Union protestierte Hertha kollektiv
Dass die Führung äußerst schmeichelhaft war, störte Unions Fans nicht im Geringsten. Zu Beginn der zweiten Hälfte hüllten sie das Stadion mit unzähligen Pyros in dichten Nebel. Fischer brachte Paul Seguin für den leicht angeschlagenen Schäfer und die Gäste schienen das Spiel nun etwas besser in den Griff zu bekommen. Hertha brauchte etwas Zeit, um den Rückstand zu verarbeiten, erhöhte dann aber sukzessive den Druck.
Dabei ergaben sich zwangsläufig Räume, die Union in der 67. Minute zum 2:0 nutzte – es war ein äußerst bitteres Gegentor für Hertha. Nach einem Zweikampf zwischen Rani Khedira und Marco Richter im Gästestrafraum forderten Spieler und Fans vehement Elfmeter. Doch das Spiel lief weiter, Becker schüttelte Pekarik ab und legte quer auf Seguin, der den Ball ins leere Tor schob. Schiedsrichter Felix Brych schaute sich den strittigen Zweikampf zwar auf dem Monitor an, erkannte aber kein Foul.
Es war ein Tiefsachlag für Hertha, die Mannschaft gab sich aber nicht auf. Tousart prüfte Torwart Frederik Rönnow mit einem Kopfball, Richter mit einem Fernschuss. Schwarz wechselte offensiv und brachte unter anderem Niederlechner, der gegen Union besonders gerne trifft. Doch es half alles nichts. Im Gästeblock sangen sie mal wieder vom „Stadtmeister – Berlins Nummer eins“. Dass diese angesichts von Tabelle und fünf Derbysiegen in Folge Union heißt, ist unstrittig.
Zur Startseite