Parkplatznot in Berlin: Stellt die Häuser hoch
Eins sollte auch eifrigsten Gegnern des individuellen Autoverkehrs klar sein: Blechbüchsen werden unsere Stadt- und Regionalplanungen noch einige Zeit prägen. Weiß jeder, der sich einmal mit wutschnaubenden Bürgern unterhalten hat, die einige ihrer Parkplätze opfern sollten, damit andere Berliner auch Wohnungen erhalten können.
Und wenn Planer und Verwaltungen durchaus richtig das „Gemeinwohl“ ins Spiel brachten, wird von Pankow bis Zehlendorf schlicht gedroht: Dann wählen wir eben AfD. Die ist zwar eine übelst marktradikale Gegnerin von Mieterrechten. Aber welcher Wutbürger liest schon Wahlprogramme, wenn es darum geht, den geliebten Parkplatz zu verteidigen.
Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, die nicht im Bau von klimafeindlichen und teuren Tiefgaragen enden. Etwa Hochgaragen, die zugleich im Erdgeschoss Supermärkte oder Servicezentren und auf dem Dach Sport- und Spielplätze sind. Siehe aktuell etwa in Kopenhagen, wo solch ein Haus von Außen zum hängenden Garten wurde, oder, wer’s historischer mag, New Yorker Garagentürme aus den 1920ern.
Oder man stellt die Neubauten auf Pfeiler, öffnet das Erdgeschoss, stelzt Wohnungen und Büros sozusagen auf. Das war in der autobegeisterten Nachkriegszeit mal Mode, siehe im Hansaviertel das Haus von Oscar Niemeyer oder das Corbusier-Haus in Charlottenburg.
Die Luftzirkulation in der Stadt wird verbessert
In Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland ist das Modell bis heute öfter zu finden. Etwa das Haus, das mitten in der Altstadt des französischen Poitiers auf einen Platz gestellt wurde, der einst das römische Amphitheater war. Sieht trotzdem gut aus, und schafft Platz – nun ja, eben für Autos.
Es ist sicher keine Generallösung, und ästhetisch nicht immer so befriedigend. Aber gerade angesichts der noch vorhandenen Lücken in Berlins Innenstadt und des Kampfes um die Parkplätze trotzdem überlegenswert, zumal nebenher die Luft besser zirkulieren, in das Innere der Hausblöcke wehen, Kühle und Erfrischung bringen kann. Erinnern Sie sich an den Juni, als wir alle genau danach lechzten?
Und wenn wir dann endlich in einem Zeitalter leben, in dem Kinder mehr Platz haben dürfen als Privatautos, diese nicht mehr als Statussymbol, sondern als Nutzgegenstand gelten, den man auch teilen kann, in dem die Rücksicht auf die Mitbürger und das Klima zum Normalfall werden – dann dienen diese offen Erdgeschosse ganz dem Spielen und für Sitzbänke, als Gewächshäuser oder Kioske und Fahrradwerkstätten. Was spricht dagegen? Eigentlich nichts.
Außer der Angst der Hauseigentümer vor Mietverlusten und Versicherungskosten, Mieter, die um ihre Ruhe fürchten, und Berliner Bauverwaltungen, die schematisch geschlossene Hauswände fordern wie in der uralten Kaiserzeit. Aber man wird doch träumen dürfen.