Nur eine Theaternummer? Dafür ist der PEN viel zu wichtig!
Torsten Schulz ist seit 2011 PEN-Mitglied. Er schreibt Romane und Drehbücher. Im März dieses Jahres erschien sein Roman „Öl und Bienen“.
Manchmal ist es eine Leistung, dabeizubleiben. So kommt es mir vor: mit mir und den Poets, Essayists, Novellists, kurz: PEN.
DDR-sozialisierungsbedingt habe ich Vorbehalte gegenüber Vereinen, mit ihren bisweilen seltsamen Eigendynamiken, die man mit Mitgliedsbeiträgen unterstützt, während das Geld für andere, freiere Projekte besser geeignet wäre. Die DDR war in diesem Sinne ein einziger Verein, furchtbar und zu recht untergegangen.
Und nun der PEN, der letzte Verein, in dem ich noch bin. Eine Ansammlung von gekränkten Menschen – so sah es aus auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Wochenende, der ich per Zoom beiwohnte. Zugegeben, vor lauter Voyeurismus konnte und wollte ich den Zoom-Raum nicht verlassen.
Und dann diese Garde der Verstaubten!
Deniz Yücel mit seinem Spruch von der Bratwurstbude, der er nicht vorstehen wolle. Ein klassischer Austeiler, der aber weißgott nicht gut einstecken kann; unter Boxern würde man ihn als Glaskinn bezeichnen. Warum war er denn nicht schon eher zurückgetreten? Anders gesagt: Das Ergebnis von 75:73 Stimmen, das ihn im Amt bestätigte, hätte doch auch trotzigen Auftrieb auslösen können, zumal nur einer aus dem Präsidium, Schatzmeister Joachim Helfer, abgewählt wurde.
Der produktive Trotz wäre aber eine erwachsene Position gewesen, die man von einem Mann, der sich selbst immer wieder als „großen Jungen“ bezeichnet, offenkundig nicht erwarten kann. Und vielleicht wollte er überhaupt nichts anderes als diesen Auftritt zum Austritt.
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Demgegenüber die Garde der Verstaubten, der Kern der Gegenpartei, für den das Leben an sich schon eine Kränkung zu sein scheint: Kurt „Dia-Abend-Rolandbogen“ Roessler, Heinrich „Grillabend“ Peuckmann und Christoph Nix, Prof. Dr. jur., Prof. Dr. phil., Honorarkonsul von Malawi. Bei all den Bildern, die ich von der PEN-Tagung im thüringischen Gotha im Kopf behalten habe, schieben sich diese drei Herren mit ihrer unverschleierten Provinzialität immer wieder in den Vordergrund.
Und, frage ich mich, wäre der „große Junge“, wenn er sie nur ein wenig geliebt hätte, auch ihr Popstar geworden?
Tief gekränkt auch die Mitarbeiterinnen im PEN-Büro, deren Aufritt, nicht frei von unfreiwilliger Komik („Wir sind keine Sklaven“), zweifellos belegte, dass Deniz Yücel und seine Truppe nicht gerade Kompetenzpersonen in puncto Integrieren und Mitnehmen sind. Im Gegenteil: Vielleicht waltete sogar Lust an der Demütigung. Auch dies ein regressiver Zug. Leider passend dazu die Opfer-Mitarbeiterinnen, die feministischen Begleitschutz und ebensolche Vorrede brauchten, als sie die Bühne betraten. Mehr ausgestellte Wehrlosigkeit geht kaum.
Der PEN wird gebraucht!
Wo soll man hin zwischen diesen Gruppen? Wo ist die halbwegs zumutbare Alternativgruppe? Und obendrein die Austritte von Mitgliedern, angekündigt oder sogar schon vollzogen. Wie und was auch immer, der PEN ist zu schade dafür, als Theaternummer betrachtet zu werden.
Im Gegenteil: Er wird gebraucht! Denn weltweit gibt es hunderte von Autorinnen und Autoren, bei denen es um mehr geht als um Kränkungen. Für deren Freilassung aus Gefängnissen man sich einsetzen, denen man Herberge in Deutschland bieten muss und kann und darf.
Und wenn ich zurückdenke an meine Zeit in der DDR: PEN hatte den Klang von weiter Welt, von Verve, von gerechter und starker intellektueller Macht. Selbst wenn ich diese Verklärungen wegnehme, bleibt noch allerhand übrig.
In diesem Verein, dem letzten, in dem ich noch bin, möchte ich gern bleiben.