Manager Hanning wird zum Trainer der Füchse

Die Ereignisse überschlugen sich etwas. Am Vormittag ein Sponsorentermin in Potsdam, anschließend eine Einheit mit dem VfL, dann folgte das Training mit den Profis der Füchse, bevor ein gemeinsames Essen mit der A-Jugend sowie deren Spiel anstand – und das war nur ein kleiner Teil dessen, was Bob Hanning am Freitag abzuarbeiten hatte.

„Komfortzone ist ja eh nicht meins“, sagt der 54-Jährige schmunzelnd. Er ist es gewohnt, das Tageslimit von 24 Stunden bis aufs Maximum auszureizen. Das Amt des Geschäftsführers der Füchse Berlin gleicht Hanning schon von je her mit seiner Tätigkeit als Jugendtrainer aus, die im Sommer entstandenen Freiräume nach seinem Rücktritt als Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB) füllte er durch die Trainerstelle beim Kooperationspartner VfL Potsdam.

Allerdings hatte der sonst so kalkulierende Funktionär nicht damit gerechnet, wieder in der Bundesliga an der Seitenlinie zu stehen. „Das habe ich mir weder gedacht noch gewünscht“, sagt Hanning, der im Oberhaus letztmals den HSV Hamburg betreute. Doch das ist fast 17 Jahre her. Nachdem Füchse-Trainer Jaron Siewert am Mittwoch positiv auf das Coronavirus getestet worden war, hatte Hanning zunächst sein Einspringen verweigert und wollte eher seinen Vorstand Sport Stefan Kretzschmar in diese Rolle schieben. Erst als sich einen Tag darauf auch noch Siewerts Co-Trainer Max Rinderle nachweislich infiziert hatte, übernahm Hanning dann doch die Verantwortung für seine Profis.

„Ich sehe mich aktuell mehr als Helfer an der Seite“, sagt Hanning, der seinen Trainer-Stil sonst gerne als autoritär-demokratisch bezeichnet. Nun ist die Rolle in seiner Interimsfunktion aber anders. Die vorbereitende Videobesprechung auf das Spiel bei der TuS N-Lübbecke (16 Uhr/ Sky) übernahm der infizierte Jaron Siewert digital, im Training wurde der mit ihm besprochene Fokus gesetzt. Trotzdem, so ganz aus seiner Haut konnte der gebürtige Essener nicht.

Für Paul Drux fühlt es sich ein bisschen wie ein Déjà-vu an.Foto: imago images/Philipp Szyza

„Man merkt ihm seinen Stil schon an. Das ist ein kleines Déjà-vu“, sagt Paul Drux, der zusammen mit Fabian Wiede bei Hanning die Jugendmannschaften durchlief – ebenso wie Matthes Langhoff, Tim Matthes und sein derzeitigen Spieler Max Beneke. „Ein Training bei den Profis ist dann allerdings doch etwas anderes und das weiß Bob auch. Uns muss in den zwei Tagen keiner mehr das Handballspielen beibringen“, sagt Kapitän Drux, der die Hauptverantwortung bei seinem Team sieht, während Hanning in kritischen Phasen im Spiel Lösungen anbieten soll.

Fachmännische Unterstützung

Und dafür hat er dann mit Stefan Kretzschmar fachmännische Hilfe an seiner Seite. Den ehemaligen Linksaußen wird man indes wahrscheinlich nicht im Sinne eines Co-Trainers Statistik schreibend auf der Bank sehen. „Er kann aufpassen, Hilfestellungen geben und mir assistieren, was die Wechsel angeht. Da ist er ein guter Sparringspartner“, ist Hanning zuversichtlich. Wie gut die Absprachen dann in der Stresssituation funktionieren, wird sich zeigen.

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In Nettelstedt reiste der 54-Jährige im übrigen nicht mit der Mannschaft an. Denn am Samstagabend war zunächst noch Potsdam bei Eider Harde in Schleswig-Holstein gefordert, von wo aus Hanning dann von einem Fahrer die vier Stunden weiter chauffiert werden sollte, um im Hotel zur Mannschaft zu stoßen. „Ich bin zwischen allen Welten unterwegs“, sagt Hanning, der trotzdem genau weiß, welch schwere Aufgabe die Berliner beim Tabellenfünfzehnten erwartet.

Das Team von Emir Kurtagic kämpft nicht nur gegen den Abstieg, sondern hat mit einem Sieg gegen Rekordmeister Kiel auch gezeigt, wozu es fähig ist. „Die spielen um ihr Leben und können in ihrer autonomen Zone noch einmal 20 Prozent mehr rausholen“, sagt Hanning.
Mit den Füchsen hofft er ungeachtet dessen auf zwei Punkte. Ohne sich übermäßig Druck zu machen – zumindest nicht mehr, als es bei Bob Hanning üblich ist.