Langlebiger Salamander
Seit einigen Wochen liegt sie in den Schuhgeschäften aus: die Folge 166 der Reihe „Lurchis Abenteuer“. Das Besondere an dem neuen Heft: Erstmals wurde der langlebigste deutsche Comic-Held, der vor 85 Jahren seinen ersten Auftritt hatte, vom Münchner Illustrator Jan Reiser gezeichnet. Er folgt damit auf Dietwald Doblies, der vor einem Jahr im Alter von 58 Jahren an Covid-19 starb.
Danach herrschte in Fan-Kreisen die Sorge, ob damit womöglich auch das Schicksal von Lurchi als Comicfigur besiegelt wäre, denn der Schuhhersteller Salamander, zu dem das Kindersegment unter der Marke „Lurchi“ gehört, hatte in den zurückliegenden Jahren turbulente Zeiten zu durchstehen – inklusive mehrfacher Besitzerwechsel und Insolvenzen.
Seit 2009 gehört Salamander zur Ara AG. Dort will man an den „Lurchi“-Heften festhalten. Diese erscheinen seit dem Jahr 1937 kontinuierlich im Din-A5-Format. Als Werbecomic waren sie vor allem deshalb beim nicht nur aus Kindern bestehenden Publikum erfolgreich, weil die von Beginn an farbigen Kurzabenteuer mit Lurchi und seinen Freunden nur am Rande mit Produktwerbung versehen waren.
Von den 1950ern bis in die frühen 70er Jahre bestimmte Heinz Schubel das Bild der Serie mit seinen oft märchenhaften Inhalten und Zeichnungen, bevor die am Comic geschulten Zeichner Peter Krisp und Dietwald Doblies Lurchi modernisierten.
Zur Jahrtausendwende verschwanden schließlich auch die gereimten Texte. Zudem bekamen die Geschichten ein freieres Seitenlayout verpasst, dessen Aufbau größtenteils mit der Tradition der Bildergeschichten brach.
Das gilt erst recht für Jan Reiser, der als gelernter Comic-Zeichner auch das Figurenensemble noch einmal behutsam überarbeitet hat. So kann Lurchi jetzt endlich mit beiden Augen nach vorne schauen, während frühere Lurchi-Zeichner diese – konsequent der Natur folgend – seitlich am Kopf platzierten.
[Auch bei einer anderen deutschen Comicserie mit Tradition gab es kürzlich einen Generationswechsel: Mecki im neuen Gewand.]
Besonderes Augenmerk will Reiser auf die Entwicklung der Storys legen, bei „Lurchi“ ist es üblich, dass Text und Zeichnungen von einem Künstler in Personalunion verfasst werden. So hat Reiser sich vorgenommen, die Nebenfiguren stärker zu erforschen.
In seinem ersten Heft, „Lurchis Luftpost“, steht der Frosch Hopps im Mittelpunkt, der Unterstützung bei seinem Job als Hilfsbriefträger benötigt. Weil er dabei schließlich vom Boden abhebt, steht am Ende der Geschichte diesmal in Abwandlung des traditionellen Schlusswortes: „Salamander fliege … äh … lebe hoch!“