Fußball, wie für ihn gemacht
Es gibt Dinge, die kann man zwar denken, aber sagen sollte man sie lieber nicht. Für Sandro Schwarz zum Beispiel, den Trainer von Hertha BSC, gibt es im Moment, wenige Gründe, nicht mit Dodi Lukebakio zufrieden zu sein. Aber es auch aussprechen? Schwarz lacht. „Wenn ich sage, ich bin zufrieden, ist das nicht gut bei Dodi.“
Bei Hertha BSC ist in diesen Wochen und Monaten einiges neu. Der Trainer, die Vereinsführung, etliche Spieler. Und dass Dodi Lukebakio bei den Berlinern gute Laune auslöst, ist auch eine recht neue Erfahrung. Punktuell ist ihm das immer schon mal gelungen, aber noch nicht in einer solchen Häufung wie im Moment.
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Der 24 Jahre alte Belgier ist bei Hertha so etwas wie die Entdeckung des Saisonbeginns – und das wider alle Erwartungen. Eher hätte man gedacht, dass Lukebakio nach seiner wenig erquicklichen Leihe zum VfL Wolfsburg in der vergangenen Saison nur nach Berlin zurückkehrt, um sein Glück gleich wieder woanders zu versuchen.
Zum allgemeinen Erstaunen aber ist der Offensivspieler gekommen, um zu bleiben. „Er hat es jetzt gut gemacht. Das ist in Ordnung“, sagt Trainer Schwarz. „Wir brauchen das auch, dass er sein Potenzial ausschöpft. Das tut uns gut.“
In den ersten vier Pflichtspielen der Saison hat Lukebakio zwei Tore erzielt und zwei vorbereitet. Schon in der Vergangenheit war seine Bilanz halbwegs in Ordnung, trotzdem blieb meist das Gefühl zurück, dass das noch längst nicht alles sein könne.
Schwarz verlangt Verlässlichkeit
„Er hat ein sehr, sehr gutes Paket, und dennoch gilt es, Tag für Tag an dieser Kompromisslosigkeit und Verlässlichkeit zu arbeiten“, sagt Schwarz. „Verlässlichkeit, das ist bei ihm das große Thema – damit er dieses Paket immer wieder auf den Platz bekommt.“ Lukebakio stand schon immer im Verdacht, sich zu schnell zufrieden zu geben, nicht hartnäckig genug gegen die eigenen Schwächen anzuarbeiten und daher nie zu der Konstanz zu gelangen, die es auf Bundesliganiveau braucht.
Mehrere Trainer sind bei Hertha an Lukebakios Einstellung verzweifelt, an seinem Laisser-faire-Haltung, vor allem wenn es um die Arbeit gegen den Ball geht. Mit Schwarz aber scheint es eine gemeinsame Basis zu geben, auf der sich arbeiten lässt. „Das ist ein schmaler Grat: ihm ein Gefühl von Selbstbewusstsein zu vermitteln, das er für sein Spiel braucht, aber mit einer klaren Richtung und einer klaren Konsequenz, was wir von ihm erwarten“, sagt Herthas Trainer.
Er erlebt Lukebakio als „sehr offen“ für Verbesserungsvorschläge, „auch wenn sie mal emotional kommen“. Im Training kann Schwarz durchaus laut werden, auch oder gerade bei Lukebakio. „Das braucht er auch, das weiß er selbst“, sagt Herthas Trainer.
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Die Arbeit gegen den Ball, die Verteidigung als gemeinsames Projekt der gesamten Mannschaft – für den Fußball, den Schwarz perspektivisch bei Hertha sehen will, spielt das eine konstituierende Rolle. Andererseits kommt die Anlage des Offensivspiels Dodi Lukebakio erkennbar entgegen. Das war bei Hertha nicht immer so.
Sein bestes Jahr in der Bundesliga hat der Belgier erlebt, als er vom FC Watford an den Aufsteiger Fortuna Düsseldorf ausgeliehen war. Zehn Tore erzielte er in der Saison 2018/19 für die Düsseldorfer, davon drei gegen Deutschlands Nationaltorhüter Manuel Neuer beim 3:3 gegen die Bayern in München.
Lukebakio war prädestiniert für den Konterfußball, den die Fortunen als Underdog spielten. In Berlin, bei Hertha aber, hatten sie bei seiner Verpflichtung im Sommer 2019, unmittelbar nach dem Einstieg des Investors Lars Windhorst, andere Pläne. Pläne, die bisher nicht aufgegangen sind.
Hertha BSC trifft auf den BVB
Schnell umschalten, den Weg in die Tiefe suchen – das schwebt auch Schwarz vor. Lukebakio mit seiner Dynamik kommt das erkennbar entgegen. „Wie wir heute gespielt haben, das bereitet mir sehr viel Lust“, hat er vor einer Woche, nach dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach, gesagt.
Hertha verlor zwar 0:1, bereitete den Gladbachern aber einige Probleme. Vor allem durch Dodi Lukebakio, der seinen Gegenspielern ein ums andere Mal davonlief. Vier Torschüsse wurden am Ende für ihn notiert, so viele wie bei keinem anderen Spieler auf dem Feld. Einziges Manko. „Leider hat er in der einen oder anderen Abschlusssituation die Präzision vermissen lassen“, sagt Trainer Schwarz.
Dass die Gladbacher selbst gerne den Ball haben und sich nicht vor dem eigenen Tor verschanzen, dass sie in ihrem Rücken dadurch mehr Raum lassen, als es in der Bundesliga üblich ist, all das spielt jemandem mit so flinken Füßen wie Lukebakio natürlich in die Karten. An diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky), im Heimspiel gegen Borussia Dortmund, könnte es ähnlich sein. Der BVB dürfte um Dominanz bemüht sein, erst recht nach der Niederlage gegen Aufsteiger Bremen vor einer Woche.
Für Hertha und Dodi Lukebakio sind das womöglich nicht die schlechtesten Voraussetzungen. „Wir brauchen die Umschaltmomente und seine Geschwindigkeit“, sagt Sandro Schwarz. „Es ist jetzt kein großes Geheimnis: Dodi wird am Samstag spielen, das ist klar.“